BUND klagt gegen Uran-Exporte: Keine deutsche Beihilfe zum Betrieb maroder AKWs in Belgien oder anderswo

BUND klagt gegen Uran-Exporte: Keine deutsche Beihilfe zum Betrieb maroder AKWs in Belgien oder anderswo

Im laufenden Rechtsstreit um ein Export-Verbot von Uran-Brennstoffen zum Einsatz in maroden und gefährlichen AKWs im benachbarten Ausland hat der BUND NRW einen Widerspruch eingelegt, der aufschiebende Wirkung hat. Damit können vorerst Brennelemente aus der Uran-Fabrik in Lingen weiterhin nicht nach Belgien für das dortige AKW Doel ausgeliefert werden. Der BUND beteiligt sich damit an den juristischen Aktionen, die vor einigen Monaten von Anti-Atom-Verbänden und einem Kläger aus Aachen initiiert worden sind. Auch die internationale Ärzteorganisation IPPNW ist an der rechtlichen Auseinandersetzung beteiligt. Betroffen sind möglicherweise auch Atommeiler in der Schweiz. In Deutschland stellen in Lingen und Gronau immer noch Uranfabriken Brennstoffe für AKWs in aller Welt her. Die beiden Anlagen sind vom Atomausstieg ausgenommen und dürfen bislang unbefristet produzieren. Schweizerische Medien berichteten jüngst, dass der Standort in Lingen möglicherweise vom französischen Eigentümer Framatome, einer Tochter des staatlich-französischen Atomkonzerns EDF, geschlossen werden könnte. Überschattet wird diese Meldung dadurch, dass der extrem gefährliche Reaktorblock 2 des belgischen AKW Tihange wieder in Betrieb gehen darf (WDR).
Die Aargauer Zeitung berichtete im letzten Oktober mit Blick auf Lieferungen von Brennelementen aus Lingen für das AKW Leibstadt: Bisher galt „das «Made in Germany»-Prädikat. Framatome betreibt nämlich noch ­immer eine Brennelementfertigungsanlage im niedersäch­sischen Lingen, will die Pro­duktion allerdings wieder auf französisches Territorium zurückverlegen.“ Damals schrieb die Zeitungen zu den Lieferungen für das AKW Leibstadt weiter: „Da erst in diesem Jahr eine Lieferung von 119 Brennelementen aus Deutschland eintraf, sei der Betrieb der Anlage bis 2022 sichergestellt, heisst es beim Kernkraft Leibstadt auf Anfrage. Man wolle weiterhin daran arbeiten, dass die bereits bewilligten Brennelemente geliefert werden.“ Gemeint sind Lieferung aus dem Jahr 2020.

Die Bundesregierung hat laut Koalitionsvertrag vor, eine atomrechtliche Regelung zum Exportverbot von Uran-Brennstoffen zu schaffen, kommt damit aber seit Jahren nicht weiter. Ein Vorschlag aus dem Bundesumweltministerium, der solche Exporte in AKWs, die weniger als 150 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt und vor mehr als 30 Jahren in Betrieb gegangen sind, zu unterbinden, scheitert angeblich an der CDU-Fraktion. Der Vorschlag aus dem BMU klammert Exporte von angereichertem Uran aus der Fabrik in Gronau komplett aus, würde diese also weiter ohne jede Einschränkung zulassen. Beide Uranfabriken könnten also unbefristet weiter Uran-Brennstoff herstellen und weltweit verkaufen.
Ziel der Aktivitäten der hiesigen Anti-Atom-Initiativen ist es, die Stilllegung der Uranfabriken zu erreichen. Dass in Deutschland der Atomausstieg erfolgt, aber weiterhin Uran für den Betrieb von AKW in anderen Ländern geliefert wird, ist keine glaubwürdige Politik, stellten die Initiativen immer wieder fest und fordern ein umfassendes Verbot von Uranexporten. Das führt nicht zwingend zur Stilllegung von AKWs im grenznahen Ausland, weil diese sich auch bei anderen Brennstofflieferanten versorgen können. Aber der politische Druck für eine europäische und globale Politik des Atomausstiegs soll so erhöht werden.

Dokumentation: BUND-Widerspruch gegen Brennelementeexport für das belgische Atomkraftwerk Doel

Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat jetzt Widerspruch gegen die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zugunsten der Advanced Nuclear Fuels GmbH im März 2020 erteilte Genehmigung zur Ausfuhr von 52 Urandioxid-Brennelementen an die belgische Kerncentrale Doel mit dem Bestimmungsort Block 1 und 2 des Atomkraftwerks Doel eingelegt. Da ein Sofortvollzug der angegriffenen Genehmigung nicht angeordnet wurde, kommt dem Widerspruch eine aufschiebende Wirkung zu. Der Transport von Brennelementen aus dem niedersächsischen Lingen zum AKW Doel ist damit zunächst untersagt.
„Ganz NRW wäre von einem Atomunfall der Pannen-Reaktoren in Doel betroffen“, sagte BUND-Landesvorstandsmitglied Klaus Brunsmeier. „Atomkraft ist unbeherrschbar, und deswegen setzen wir uns konsequent für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen ein.“
In seiner 26-seitigen Widerspruchsbegründung geht der BUND detailliert auf die Gefährlichkeit der beiden Reaktoren Doel 1 und Doel 2 ein. Die beiden Meiler sind 1974/1975 in Betrieb gegangen. Es handelt sich mithin um sehr alte Reaktoren, die schon allein auf Grund ihres Alters in besonderer Weise störanfällig sind. Wegen Materialermüdung kam es bereits zum Austritt von Kühlflüssigkeit und Notabschaltungen. Simulationen der Universität Wien zeigen, dass im Falle eines Super-GAUs weite Bereiche Nordrhein-Westfalens in den roten Bereich mit einer erheblichen radioaktiven Belastung fielen. Die Landesgrenze ist weniger als 120 Kilometer entfernt von dem belgischen Atomkraftwerk.
„Der Weiterbetrieb der Kraftwerksblöcke ist nicht nur unverantwortlich, sondern auch unnötig“, so der Atomexperte Brunsmeier. „Die Stromversorgung in Belgien war selbst während der langen, teils über 200 Tage andauernden Stillstandzeiten der Reaktoren in der Vergangenheit bestens gewährleistet.“
Der Bundesregierung wirft der BUND vor, den Atomausstieg zu sabotieren und die Bevölkerung unnötigen Risiken auszusetzen. Dabei hatte der Koalitionsvertrag festhalten, dass verhindert werden soll, „dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist, zum Einsatz kommen“. Bereits der Europäische Gerichtshof (EUGH) hatte in seinem Urteil vom 29. Juli 2019 die Rechtswidrigkeit des Betriebs von Doel 1 und Doel 2 festgestellt. Damit verbiete sich ein solcher Transport, so der BUND.
Der BUND ist optimistisch, den Brennelementeexport jetzt endgültig stoppen zu können. Der Widerspruch ist aussichtsreich, da der Hessische Verwaltungsgerichtshof Kassel (VGH) die Klage eines Aachener Bürgers gegen die Exportgenehmigung im vergangenen Jahr nur allein zurückgewiesen hatte, weil er angeblich als Privatperson nicht klageberechtigt sei. Genau das ist aber der BUND als anerkannter Umweltverband nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz.
Genauso rechtswidrig wie der Betrieb der Atomanlagen in Doel und der geplante Export der Brennelemente aus Deutschland nach Belgien ist nach Ansicht des BUND der Export des als „Wertstoff“ getarnten Atommülls nach Russland aus der Produktion der Brennelemente in Lingen. Auch der Betrieb der Urananreicherungsanlage in Gronau müsse endlich gestoppt werden.
„Atomkraft muss Geschichte werden, sie ist unverantwortlich, unnötig und blockiert die dringend erforderliche Energiewende in Hinblick auf den Klimaschutz“, so dass BUND-Fazit.
 
Hinweis: Den 26-seitigen BUND-Widerspruch senden wir ihnen auf Anfrage gerne zu. [Kontakt: dirk.jansen(at)bund.net]

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Dirk Seifert