Ein bundesdeutsches Endlager für hochradioaktive Abfälle vor allem aus dem Betrieb von Atomkraftwerken gibt es bis heute nicht. Gorleben ist gescheitert, ein neues Standortsuchverfahren nach Fukushima gestartet worden. Anfang der 2030er Jahre soll der Standort – so Gott und Gesetz es will – gefunden werden. Eine Inbetriebnahme wird erst Anfang der 2050er Jahre theoretisch und bei „optimalen“ Bedingungen möglich werden (Grüße nach Olkiluoto, Flamanville und den Berliner Flughafen!). Doch selbst wenn das klappt: Schon in diesem Fall wären die Genehmigungen für alle „Zwischen“lager für hochradioaktive Abfälle abgelaufen, müssten – unter Beteiligung des Bundestags – erneuert werden. Ab Mitte der 2030er Jahre geht das in Gorleben und Ahaus los. Eine Folge dieser Verzögerungen: Es braucht ein umfangreiches Forschungsprogramm, ob die gegenwärtige Zwischenlagerung – auch mit Blick auf die Terrorschutzanforderungen – ausreichend (!!) „sicher“ ist oder ob weitere Maßnahmen für die zu verlängernde oberirdische Zwischenlagerung der hochradioaktiven Abfälle erforderlich werden (Stichwort Russlands Nuklear-Terror). Die zuständige Bundesgesellschaft (BGZ) hat nun ein Forschungsprogramm veröffentlich. Ist das ausreichend, was dort vorgeschlagen wird? Nicht nur der BUND – sondern z.B. auch das gesetzlich im Zuge der neuen Endlagerstandortsuche geschaffene „unabhängige“ Nationale Begleitgremium (NBG) – fordert seit Jahren einen umfassenden gesellschaftlichen Dialog über die Sicherheit der oberirdischen Lagerung aller (!) Arten von Atommüll! Und das Genehmigungsverfahren für den Neubau eines hochradioaktiven Zwischenlagers in Lubmin läuft.
Für 40 Jahre – so hatte Politik und Atomwirtschaft damals versprochen – müssten diese Zwischenlager an den Standorten der Reaktoren sowie in Gorleben, Ahaus und Lubmin – zur Verfügung stehen. Das Versprechen an die Standorte: Dann wäre das Zeug längst auf dem Weg in das damals geplante AtommüllENDlager Gorleben verschwunden. Der Plan hat nicht geklappt. Werden die Zwischenlager-Gebäude den Anforderungen standhalten, die aus höheren Terrorschutzanforderungen – die durch die Ereignisse in der Ukraine möglicherweise noch einmal verschärft werden müssen – und aus der vermutlich um Jahrzehnte verlängerten Zwischenlagerung resultuieren? Und: Wie ergeht es den Castor-Behältern, in denen die hochradioaktiven Brennelemente oder in Glas eingeschmolzene Brennstoffe verpackt sind? Darüber und viele weitere brisante sicherheitsrelevante Fragen hat die neue Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) jetzt ein Forschungsprogramm öffentlich vorgestellt.
Bereits im laufenden Genehmiungsverfahren für den aus Terrorschutzgründen notwendigen ersten Neubau eines hochradioaktiven Atommülllagers seit Mitte der 2000er Jahre am Standort Lubmin beim ehemaligen DDR-Atomkraftkomplex Bruno Leuschner bei Greifswald dürfte das von großer Bedeutung werden. Der BUND hat dazu eine Stellungnahme von der Atomexpertin Oda Becker als Einwendung ins atomrechtliche Genehmigungsverfahren eingebracht. Ihre fachliche Expertise auch zu den Terrormaßnahmen hatte dazu geführt, dass das Oberverwaltungsgericht Schleswig nach Zustimmung des Bundesverwaltungsgerichts die Genehmigung für das Zwischenlager Brunsbüttel aufgehoben hatte. Auch die Erweiterungs-Genehmigung für das Zwischenlager Biblis zur Einlagerung der verglasten Abfälle aus der Plutoniumfabrik Sellafield hat der BUND beklagt.
Dokumentation der PM: BGZ veröffentlicht Forschungsprogramm
ESSEN – In ihrem Forschungsprogramm zur verlängerten Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle zeigt die BGZ den konkreten Forschungsbedarf auf und gibt einen Überblick über ihre Forschungsstrategie sowie die bereits initiierten Projekte. Mit den gewonnenen Erkenntnissen wird sie die technischen Fragen beantworten, die mit der verlängerten Zwischenlagerung einhergehen.
Die BGZ gewährleistet an 14 Standorten den sicheren und zuverlässigen Betrieb von Zwischenlagern für hochradioaktive Abfälle. Damit ist die BGZ der zentrale Akteur der Zwischenlagerung in Deutschland. Das nun veröffentlichte Forschungsprogramm bildet die Grundlage dafür, die Sicherheit der Zwischenlagerung auch über den bisher genehmigten Zeitraum von 40 Jahren nachzuweisen.
Im Fokus stehen zahlreiche Forschungsaktivitäten, etwa zu den Transport- und Lagerbehältern sowie den darin eingelagerten bestrahlten Brennelementen und hochradioaktiven Abfällen. „In den letzten zwei Jahren haben wir eine Fachabteilung aufgebaut und das Forschungsprogramm erarbeitet. Wir werden dieses laufend fortschreiben und an den sich weiterentwickelnden Stand von Wissenschaft und Technik anpassen“, erläutert Dr. Jörn Becker als Leiter der Abteilung.
Nachdem die BGZ ihr Forschungsprogramm im Rahmen eines zweitägigen Fachworkshops bereits mit internationalen Expert*innen erörtert hatte, wird sie es auch an ihren Standorten vorstellen und dazu mit der interessierten Öffentlichkeit ins Gespräch kommen. Darüber hinaus wird die BGZ das Forschungsprogramm auch im Rahmen ihres Formats „Forum Zwischenlagerung“ vorstellen und diskutieren.
Das BGZ-Forschungsprogramm finden Sie hier. Diese PM der BGZ bezieht sich auf eine bereits im November 2021 kostenpflichtig für die Teilnehmer:innen durchgeführte Tagung zum Forschungspramm in Berlin. Darüber berichtet die BGZ hier.
Hintergrund: Die Genehmigungen für Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle sind in Deutschland auf 40 Jahre befristet. Zwischenlager dürfen keine Dauerlösung darstellen. Die radioaktiven Abfälle sollen daher unterirdisch in einer geologischen Formation in Deutschland dauerhaft gelagert werden. Mit solch einem betriebsbereiten Endlager für hochradioaktive Abfälle ist ab dem Jahr 2050 zu rechnen. Daher reichen die ursprünglich auf 40 Jahre befristeten Genehmigungen der Zwischenlager nicht aus. Die BGZ wird rechtzeitig neue Genehmigungen beantragen, um die radioaktiven Abfälle bis zu ihrer Abgabe an das Endlager sicher und zuverlässig aufzubewahren. Das Forschungsprogramm bildet die Grundlage dafür, die Sicherheit der Zwischenlagerung auch über den bisher genehmigten Zeitraum nachzuweisen. Dabei führt die BGZ einen breiten fachlichen Austausch auf nationaler und internationaler Ebene. Im Rahmen von konkreten Forschungsvorhaben arbeitet die BGZ mit Partnern aus der Industrie sowie Forschungsinstituten und Universitäten zusammen. Die BGZ weiß seit ihrer Gründung um die notwendige verlängerte Zwischenlagerung und bereitet sich seitdem darauf vor. Das ist eine der Kernaufgaben der BGZ. Von Beginn an hat die BGZ die Notwendigkeit einer verlängerten Zwischenlagerung mit der Öffentlichkeit in unterschiedlichen Formaten erörtert.