Beryllium aus Forschungsreaktoren: Entsorgungsziel Schacht Konrad – „relevante Wissenslücken und Fragen identifiziert“

Beryllium aus Forschungsreaktoren: Entsorgungsziel Schacht Konrad – „relevante Wissenslücken und Fragen identifiziert“

In den Atomforschungsreaktoren, die in den 1950er Jahren mit dem Ziel der Kontrolle der Atomtechnik auch in Deutschland im Einsatz waren, wurde auch Beryllium eingesetzt, mit dem die Zahl der Neutronen erhöht werden konnte. Ein auch militärisch brisantes Material. Bis heute ist unklar, wohin dieses Beryllium „entsorgt“ werden soll. Ziel ist offenbar, dass Material aus den Atomforschungsreaktoren beispielsweise in Berlin, in Geesthacht bei Hamburg oder in Garching bei München im Schacht Konrad einlagern zu können. Abseits der Frage, ob der Schacht Konrad in Salzgitter jemals in Betrieb gehen wird: Derzeit wäre eine solche Einlagerung noch nicht möglich. Eine neue Studie, die „Konzeptstudie zur Entsorgung von aktiviertem Beryllium aus Forschungsreaktoren (KONEKT)“, hat die Problematik genauer unter die Lupe genommen. Bei den Rückbau-Begleitprozessen in Berlin und Geesthacht war das Thema für den weiteren Umgang mit Berylluim aufgekommen. Inzwischen hat es dort Vorträge und Diskussionen über die Studie gegeben. UmweltFAIRaendern hatte das dokumentiert. Nun ist auch die komplette Studie erschienen.

Dokumentation:
Fachlicher Abschlussbericht des BMBF geförderten Verbundvorhabens:
„Konzeptstudie zur Entsorgung von aktiviertem Beryllium aus Forschungsreaktoren (KONEKT)“ (PDF), (Die Studie ist hier auf den Seiten des HZB – die heute den stillgelegten Forschungsreaktor betreiben und rückbauen wollen, als PDF online. Die Übersichtsseite des Dialogprozesses mit vielen Dokumenten ist hier zu finden.
Förderkennzeichen 15S9405A-B, Juni 2021
Dr. Natalia Daniels, Dr. Guido Deissmann, Prof. Dr. Giuseppe Modolo, Prof. Dr. Dirk Bosbach (Teil-projektleiter)
Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ)- Institut für Energie- und Klimaforschung – Nukleare Entsor-gung und Reaktorsicherheit (IEK-6)
Stephan Peter Kate, Laura Schlenz, Dr. Stephan Welzel (Teilprojektleiter)
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH (HZB)
Das diesem Bericht zugrundeliegende Verbundvorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unter den Förderkennzeichen 15S9405A und 15S9405B gefördert. Die Arbeiten wurden im Zeitraum vom 01.08.2018 bis 31.07.2020 durchgeführt. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.
„Kurzfassung“ – Forschungsprojekt KONEKT – Entsorgung von bestrahltem Beryllium
„Im Rahmen des Verbundvorhabens KONEKT wurden aktuelle Informationen über (bestrahltes) Be, dessen Eigenschaften und Verhalten unter Endlagerbedingungen, sowie zu Dekontaminations- und Konditionierungsverfahren erfasst und unter Berücksichtigung der in Deutschland vorhandenen Ansätze und Endlageroptionen analysiert, um damit eine wissenschaftliche Basis für die Entwicklung sicherer und nachhaltiger Strategien zum Umgang mit bestrahltem Be aus deutschen Nuklearanlagen zu schaffen. Nach der in diesem Rahmen durchgeführten Inventarisierung von Be-Abfällen beträgt die insgesamt anfallende und zu entsorgende Masse an be-strahltem Nuklearberyllium in Deutschland ca. 2.975 kg, sie stammt aus den Forschungsreaktoren BER-II, FRM-I, FRG-I/II und RFR. Das Radionuklidinventar des bestrahlten Be wird wesentlich von hohen Gehalten an 3H geprägt, des Weiteren treten Aktivierungsprodukte von im Be enthaltenen Verunreinigungen sowie Spaltprodukte aus der Spaltung des in Spuren enthaltenen Urans auf.
Bezüglich einer direkten Endlagerung von Be zeigte sich, dass eine Reihe von Ungewissheiten bzgl. des Korrosionsverhaltens von metallischem Be unter Endlager-relevanten Bedingungen sowie zur Migration von Be in Endlagersystemen bestehen. Die Analyse von Verpackungs-optionen ergab, dass eine Endlagerung des gesamten bestrahlten Be aus Deutschland im Endlager Schacht Konrad aus radiologischer Sicht prinzipiell möglich wäre. Allerdings könnte das 3H Inventar des bestrahlten Be und die Notwendigkeit von Ausgleichsbehältern (logistische) Probleme hinsichtlich einer Entsorgung in Schacht Konrad darstellen, so dass eine Abtrennung des 3H durch Ausheizen für eine Endlagerung in Schacht Konrad ggf. von Vorteil sein könnte. Der Einsatz weiterer Dekontaminationsschritte zur Abtrennung von Aktivierungsprodukten (z. B. auch zur Verwertung des rezyklierten Be) scheint demgegenüber weniger zielführend. Mögliche Nachnutzungen von rezykliertem könnten i. W. im Bereich der Nuklearindustrie (z. B. in Fusionsreaktoren) bestehen; eine Nachnutzung in anderen technologischen Bereichen nach uneingeschränkter Freigabe erscheint unrealistisch, da hierzu eine Abtrennung des Isotops 10Be erforderlich wäre. Aufgrund bislang fehlender praktischer Erprobung ist eine abschließende Bewertung der Eignung von Konditionierungsoptionen für bestrahltes metallisches Be wie Zementierung unter Verwendung unterschiedlicher Bindemittel, Verglasung, Einbindung in keramische Abfallformen oder Einbindung in Polymere für eine Endlagerung von Be in Schacht Konrad nicht möglich.
Auf Basis des aktuellen Wissensstands zur Entsorgung von bestrahltem Be wurde eine Road-map skizziert, die wichtige Schritte für eine sichere Entsorgung von bestrahltem Be in Deutschland umfasst. Zudem wurden relevante Wissenslücken und Fragen identifiziert, die Schwerpunkte zukünftiger FuE-Arbeiten zur Entsorgung von bestrahltem Be bilden könnten bzw. hinsichtlich einer Endlagerung von Be in Schacht Konrad geklärt werden müssten. Hierzu zählen Fragen zu Dekontaminations- bzw. Konditionierungsverfahren, grundlegende Fragen zu physiko-chemischen und toxikologischen Eigenschaften von Be, die z. B. für Sicherheitsanalysen relevant sein können, zu Kostenaspekten der Be-Entsorgung sowie Fragen zur konkreten Umsetzung einer direkten Endlagerung von Be in Schacht Konrad.“

Dirk Seifert