Atomkraftwerke und Atomwaffen als Bedrohung für Mensch und Umwelt – Atomwaffenkonferenz gescheitert

Atomkraftwerke und Atomwaffen als Bedrohung für Mensch und Umwelt – Atomwaffenkonferenz gescheitert
Es gibt welche, die geben Russland die Schuld (Verantwortung), dass die 10. Überprüfungskonferenz zum Atomwaffen-Sperrvertrag schon wieder ohne ein gemeinsames Abschlusspapier geblieben ist. Das ist die einfache Sicht auf die komplizierte weltpolitische Lage, die heute gern als Geopolitik bezeichnet wird, obwohl es mehr um wirtschaftliche Interessen und Machtspähren geht, eingebunden in ideologische Vorstellungen zwischen Menschenbild und Weltordnung. Russland und die Ukraine umkämpfen Atomreaktoren. Wer am Ende Schuld hatte, dürfte für große Teile Europas egal. Atomkraftwerke ersetzen Atomraketen. Die Atomwaffen-Konferenz scheitert, weil die Atomwaffenstaaten rüsten nicht ab. Das aber ist das Versprechen des Vertrages und der Grund, warum andere Staaten nicht nach Atomwaffen streben sollen. Die Wirklichkeit: Die nukleare Aufrüstung nimmt immer riskantere Dimensionen an. Keine gute Geschichte. Die internationalen Friedensärtze der IPPNW kritisieren die Konferenz und fordern: Die Folgen für den Menschen in den Vordergrund!
Jenseits von Russland: Schon die letzte Konferenz war ein Desaster zum Thema Nicht-Verbreitung von Atomwaffen-Technik und ebenfalls ohne gemeinsames Abschlussstatement. Und dazwischen „passierte“ den offiziellen und inoffiziellen Atomwaffenstaaten der Atomwaffenverbotsvertrag der UN. Damit hatte eigentlich niemand gerechnet, dass der Atomwaffenverbotsvertrag in die Welt kommen würde und schließlich sogar von genug Staaten ratifiziert wurde, damit er nach den UN-Statuten nun Völkerrecht ist. Nur nicht für die Atomwaffen-Staaten.
Der Verbotsvertrag fordert, was schon der Atomwaffensperrvertrag als Auftrag definiert. Nukleare Abrüstung – bis zum Verschwinden von Atomwaffen allerart. Doch eine Welt ohne Atomwaffen muss auch eine Welt ohne Atomkraftwerke sein. Das ist nicht nur notwendig, weil jedes Knowhow und jede Technik über Atomenergie immer auch eine militärische Nutzbarkeit eröffnet. Das sehen nicht alle Staaten so, die den Atomwaffenverbotsvertrag unterschrieben haben.
Schlimmer aber ist aktuell: In der Ukraine zeigt der Angriff Russland, wie vermeintlich zivile oder friedliche Atomkraftwerke die Menscheit helfen, in Geiselhaft zu nehmen. Und hierzulande sind Zyniker:innen und machtpolitisch motivierte Lobbyisten unterwegs, dass Scheitern der Atomenergie in Frankreich, mit deutschem Atomstrom Leben einzuhauchen. Auf Kosten der Menschen. Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW – mit dem Nobelpreis ausgezeichnet – kommentiert das Scheitern der Atomwaffen-Konferenz. UmweltFAIRaendern.de dokumentiert.
Klar: Derzeit gibt es massive Auseinandersetzungen, wie die Kämpfe um die ukrainischen Atomkraftwerke in Saporischschja von den internationalen Gremien der UN und der IAEO diplomatisch behandelt werden. Egal wie man das im einzelnen am Ende aufklären wird: Dass Atomanlagen im Kriegs- und Krisenfall zu einem ungeheuren Sicherheitsproblem werden können, dass sie verteidigt werden müssen, dass sie als militärische Angriffsziele benutzt werden können: Das ist alles nicht neu. Jede Atomanlage in der Bundsrepublik ist nicht nur „öffentlich“ nach Atomrecht genehmigt. Sie ist auch „geheim“ von Sicherheitskräften und Geheimdiensten „gesichert“. Möglicherweise sogar mit militärischen Abwehrsystemen. Bekannt ist z.B., dass Jagdflieger der Bundeswehr Atomalarm in der Luft auslösen können, wenn sich ein Flugzeug ohne Funkkontakt dem deutschen Luftraum nähert. Renegade-Vorfälle nennt man das in der Fachsprache. Möglicherweise aber gibt es noch ganz andere Maßnahmen zur Sicherung der Atomanlagen in Deutschland. In jedem Fall werden an vielen Atomanlagen die Stahlbeton-Wände verstärkt oder gar verdoppelt, um Terrorangriffe abzuwehren. Gegen Raketenbeschuss würde das nicht ausreichen. Wird die nukleare Sicherheit möglicherweise durch eine nukleare Sicherung mit Raketen hergestellt?
UmweltFAIRaendern dokumentiert: IPPNW-Pressemitteilung vom 29. August 2022

Atomwaffen: die Folgen für den Menschen in den Vordergrund!

Internationaler Tag gegen Atomtests

Anlässlich des heutigen Internationalen Tags gegen Atomtests kritisiert die ärztliche Friedensorganisation IPPNW die Vertragsstaaten des Atomwaffensperrvertrags. Nach vier Wochen Verhandlungen in New York hatten diese keinen Konsens über künftige Abrüstungsvereinbarungen gefunden. Schlussendlich war es Russland, das formell die Passage über den Betrieb des Atomkraftwerks Saporischschja blockierte. Zuvor hatten sich die Atomwaffenstaaten und ihre Alliierten jedoch gegen andere wichtige Vereinbarungen gesperrt.

Das ohnehin schon sehr verwässerte Abschlussdokument, mit fehlendem Zeitplan und Evaluationszielen für die nukleare Abrüstung, wurde somit abgelehnt.

Damit sei eine große Chance vertan, so die Kritik der Mediziner*innen. Die Staaten hätten es versäumt, sich für ein Verbot von Militäranschlägen auf Atomanlagen auszusprechen oder eine entmilitarisierte Zone um Saporischschja zu fordern, um die Gefahr einer Kernschmelze mit katastrophalen humanitären Folgen zu verringern. Sie hätten es versäumt, von Russland und der NATO die ausdrückliche Zusage zu verlangen, keine Atomwaffen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg einzusetzen.
„Wäre das Abschlussdokument angenommen worden, hätte es lediglich über das völlige Versagen der Überprüfungskonferenz hinweggetäuscht, die nukleare Abrüstung voranzubringen“, kommentiert Dr. Ira Helfand, der die Konferenz für die IPPNW beobachtet hat. „Die Atommächte hätten dies vielleicht als einen Erfolg betrachtet. Aus Sicht der IPPNW hingegen wäre das einzige Erfolgsergebnis ein echter Fortschritt bei der Umsetzung der Abrüstungsverpflichtung nach Artikel VI gewesen, die Abschaffung aller Atomwaffen auszuhandeln. Die Atomwaffenstaaten haben alles in ihrer Macht Stehende getan, um den sehr gefährlichen Status quo aufrechtzuerhalten, der uns im Wesentlichen mit riesigen Schritten dem Atomkrieg näher bringt.“
Xanthe Hall, Atomwaffenexpertin der IPPNW, stimmt dem zu: “Wir brauchen einen fundamental neuen Ansatz, um mit dieser ständigen Gefahr umzugehen. Diesen bietet der neue UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen. Zentral dabei ist auch die Anerkennung der katastrophalen humanitären Folgen von Atomwaffen – in Vergangenheit und Zukunft. Genau wie bei der Klimakatastrophe, müssen wir den Ernst der Lage erkennen, wenn wir überleben wollen.“
Die IPPNW stellt die humanitären Folgen der Atomwaffen in den Vordergrund und fordert von der deutschen Bundesregierung auch im Hinblick auf dieses Thema zu handeln. Auf der Konferenz hatten 145 Staaten eine Erklärung zu den humanitären und ökologischen Folgen von Atomwaffen abgegeben. Sie betonten die Dringlichkeit ihrer Abschaffung. Deutschland hingegen beteiligte sich daran nicht, obwohl Außenministerin Annalena Baerbock in ihrer Rede zu Anfang der Konferenz die Wichtigkeit des Themas betont hatte.
Der Atomteststoppvertrag (CTBT) bleibt auch nach 25 Jahren weiterhin außer Kraft. Noch immer sind die USA, China, Nordkorea, Indien, Israel, Pakistan, Iran und Ägypten nicht beigetreten. Damit bleibt die Gefahr, dass diese Länder Atomtests durchführen dürfen, bestehen. Zu den Folgen der mehr als 2.000 Atomtests, die bereits durchgeführt wurden, hat die Internationale Kampagne gegen Atomwaffen (ICAN) eine neue Webseite mit Beiträgen des IPPNW-Präsidenten Tilman Ruff erstellt: www.nucleartestimpacts.org

Weitere Informationen:

Erfahrungsberichte von Opfern von Atomtests: www.icanw.org/storytelling 

Statement zur humanitären Folgen von Atomwaffen (in englischer Sprache): reachingcriticalwill.org/images/documents/Disarmament-fora/npt/revcon2022/statements/22Aug_HINW.pdf

Dirk Seifert

2 Gedanken zu “Atomkraftwerke und Atomwaffen als Bedrohung für Mensch und Umwelt – Atomwaffenkonferenz gescheitert

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