Atomenergie Status Report 2022: Gefährlich und auf dem absteigenden Ast

Atomenergie Status Report 2022: Gefährlich und auf dem absteigenden Ast

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. bilanziert die abnehmende internationale Bedeutung der Atomenergienutzung zur Stromerzeugung. Dazu stützt sich die BI auf den vor  kurzem veröffentlichten World Nuclear Industry Status Report, der von einem unabhängigen Eperten-Team um Mycle Schneider jährlich veröffentlicht wird. Während hierzulanden FDP sowie CDU/CSU und AfD eine vor allem ideolgische Debatte um eine Laufzeitverlängerung für sogar schon stillgelegte Atommeiler vom Zaun bricht, wurden und werden zuletzt in Großbritannien und Belgien alte Atomkraftwerke vom Netz genommen. In Frankreich stehen zahlreiche Atommeiler aufgrund still, weil aufgrund von Rissen das Risiko katastrophaler Unfälle weiter angestiegen ist. Aufgrund fehlender Sicherheitsprüfungen bei den drei noch in Deutschland am Netz befindlichen AKWs können gravierende Sicherheits-Mängel nicht ausgeschlossen werden. In Neckarwestheim 2 ist bekannt, dass es dort in den zentralen Dampferzeugern erhebliche Probleme mit Rissen gibt. Eine Klage – die im Dezember vor dem zuständigen Gericht verhandelt wird – fordert die Stilllegung des Reaktors. Auch die Atomexpertin Oda Becker hat in einer BUND-Studie die Nachrüstung gefordert, ohne die ein weiterer Betrieb nicht zulässig wäre.

Einen Überblick über die deutschen Atomanlagen gibt die zuständige Genehmigungsbehörde mit einem nationalen Statusbericht, der hier online einsehbar ist.

umweltFAIRaendern dokumentiert die PM der BI: Wer kennt nicht die Warnungen aus den Kreisen der Union, FDP und AfD, Deutschland werde weltweit nicht mehr ernst genommen, weil der Atomausstieg beschlossene Sache sei. Ein Blick in den World Nuclear Industry Report 2022, der vor Kurzem vorgelegt wurde, zeichnet ein völlig anderes Bild.

Es gibt nur 33 Länder, in denen Atomkraftwerke betrieben werden und die Zahl der Reaktoren ist weiter im Sinkflug. Nach dem Höhepunkt 2018, in dem Jahr wurden weltweit 437 „in operation“ gezählt, sank die Zahl der Reaktoren kontinuierlich, 2022, so listet der Report auf, waren es nur noch 411. Der weltweite Beitrag zur Stromerzeugung sank erstmalig unter 10 Prozent.

„Es lohnt, die Zahlen genauer zu betrachten,“ so die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Denn ohne die Reaktoren, die in China gebaut werden, sehe die Bilanz noch kruder aus. Zwischen 2002 und 2021 gab es 105 Reaktoren, die stillgelegt wurden gegenüber 98 Reaktoren, die neu ans Netz gingen, davon allein 50 in China. Dass es kaum Neubauten gibt, liege auf der Hand: „Die Planungs- und Bauzeiten liegen zwischen 6 und 10 Jahren und die Kosten für einen Neubau explodierten.“ So konnte der Reaktor 3 des finnischen Atomkraftwerks Olkiluoto 13 Jahre verspätet im September auf die volle Leistung von 1600 MW hochfahren, die Kosten waren von 3 auf 11 Mrd. Euro hochgeschnellt.

Der zweite Aspekt, der ins Auge fällt, so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke, ist die Tatsache, dass Russland den internationalen Markt beherrscht: 20 Reaktoren weltweit werden von der russischen Atomfirma Rosatom errichtet, darunter – trotz des Ukrainekrieges – auch in Ungarn, der Slowakei und der Türkei. 18 europäische Atomkraftwerke sind auf Brennelementlieferungen aus Russland angewiesen.

Der Report, so die BI, ist ein wertvoller Beitrag zur Versachlichung der Atomdebatte.

dirkseifert