Keine Atomkraftwerke in Polen – Nein sagen bei der laufenden Bürger:innenbeteiligung – Einwendung als Mustervorlage

Keine Atomkraftwerke in Polen – Nein sagen bei der laufenden Bürger:innenbeteiligung – Einwendung als Mustervorlage

Polen will neue Atomreaktoren bauen. Seit langen Jahren wird das Thema dort vorangebracht. Die Klimakatastrophe ließe sich zwar schneller und kostengünstiger mit Erneuerbaren Energie bekämpfen, aber das Thema dürfte für die rechte Regierung in Polen nur am Rande von Bedeutung sein. Klar ist: Ein Land mit Atomreaktoren hat in der weltweiten Wahrnehmung auch machtpolitische Vorteile. Jetzt läuft das Verfahren einer Bürgerbeteiligung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung nach EU-Recht. Und hier haben EU-Bürger:innen das Recht, Einspruch zu erheben. umweltFAIRaendern dokumentiert im folgenden einen Vorschlag für eine solche Einwendung als Mustervorlage, die übernommen, geändert, ergänzt, gekürzt oder verlängert werden darf. Sie sollte aber – in der einen oder anderen Weise – unbedingt bis zum 13. Dezember bei der zuständigen Stelle per Mail eingegangen sein. (Foto: Polnische Atomkraftgegner bei Protest am AKW Brokdorf)

Bitte diesen Link oder diese Mail weiterverbreiten!

  • Der Vorschlag als Vorlage für Texterverarbeitung – .RTF ist Einwendung UVP Verfahren AKW Polen. – BITTE prüft in jedem Fall die Daten.
  • Informationen der Bundesregierung im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung sind hier online.

ENTWURF – DOKUMENTATION – COPY …. PASTE … Editieren …. und abschicken:

Name Anschrift

Ort,Datum

Generalny Dyrektor
Ochrony Srodowiska

  1. Wawelska 52/54

PL – 00-922 Warszawa

Per Email:  npp.poland.DE@gdos.gov.pl

 Stellungnahme im grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren zum Bau eines Atomkraftwerks in Polen

Sehr geehrter Herr Generaldirektor.

zum polnischen Kernenergieprogramm wie es in den ausgelegten Unterlagen in deutscher Sprache dargestellt ist, nehme ich wie folgt Stellung:

Durch die geplante Errichtung von Atomkraftwerken in Polen sehe ich Leib und Leben, meine Gesundheit sowie die meiner Kinder und künftiger Enkel, mein Erbgut, mein Eigentum und die Sicherstellung unbelasteter Nahrung gefährdet.

Die historische Entscheidung, in Polen kein Atomkraftwerk zu bauen, war eine große Errungenschaft des Demokratisierungsprozesses, den das Land Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er Jahres des vergangenen Jahrhunderts durchlaufen hat.

Ich habe Ihr Land immer als positives Beispiel angesehen, dass eine Energieversorgung ohne Atomkraft möglich ist. Es ist eine absurde Situation, dass die polnische Regierung nun genau gegenläufig zur Entwicklung in Deutschland neue Reaktoren in Polen bauen will.

Ich halte den Einstieg in ein Kernenergieprogramm für eine völlig falsche und gefährliche Entscheidung: Die wichtigsten Klimaziele Polens werden nicht erreicht und die Gefahr schwerer nuklearer Unfälle wird neu in Kauf genommen.

Ihr Plan, Kernkraftwerke zu bauen, steht im Widerspruch zu dem überwiegenden weltweiten Trend eines rückläufigen Baus von Reaktoren, der bereits vor vor der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl1986 eingesetzt hat, nach Fukushima 2011 weiterging  und weiter anhält. Zusätzlich zu den bekannten schwerwiegenden Problemen der Hochrisikotechnologie Kernenergienutzung – jahre- und jahrzehntelange Verzögerungen bei der Fertigstellung von Neubauten, Unfallrisiken und das ungelöste Atommüllproblem – habe ich die Sorge, dass ihr Land bisher keine Erfahrung mit einer  Aufsichtsbehörde für nukleare Sicherheit sowie an anderen notwendigen Behörden und Infrastrukturen hat.

Unrealistische Bauzeiten

Nach dem derzeitigen Plan gehen Sie davon aus, dass der erste Reaktor innerhalb von 10 oder 11 Jahren (im Jahr 2033) in Betrieb genommen werden kann. Dieser Zeitrahmen ist völlig unrealistisch, wenn man bedenkt, dass die derzeitigen Bauzeiten für Kernkraftwerke in der Europäischen Union und den USA bei etwa 20 Jahren liegen.

Ungesicherte Finanzierung

Das erste Kernkraftwerk soll von der US-Firma Westinghouse gebaut werden. Noch bevor ein Geschäftsvertrag abgeschlossen wurde, erklärte der polnische Premierminister Anfang November 2022, dass das erste KKW mit drei AP1000-Reaktoren bis zu 20 Milliarden Dollar kosten könnte. Dies ist unrealistisch, wenn man die Kosten der laufenden Projekte für den Bau neuer Kernkraftwerke in Europa und den USA bedenkt. Weder in den UVP-Unterlagen noch in anderen Dokumenten wurde bisher ein Finanzierungskonzept für das erste KKW in Polen (oder für das gesamte PPEJ-Programm) vorgelegt. Da die Finanzierung auch nach mehr als einem Jahrzehnt der Vorbereitungsarbeiten nicht gesichert ist, scheinen weitere Verzögerungen unvermeidlich.

Ich bitte Sie dringend, die vorgesehenen Mittel stattdessen für den Einsatz von erneuerbaren Energien zu verwenden. Erneuerbare Stromerzeugungstechnologien werden immer billiger und tragen so schnell und zuverlässig zur Energieversorgungssicherheit bei.

Abhängigkeit von Russland bei der Uranversorgung

Die Versorgung der Reaktoren  mit dem Brennstoff Uran würde über die European Supply Agency erfolgen. Anders als bei erneuerbaren Energien wäre Ihr Land  dabei völlig vom Ausland abhängig. Zu der Abhängigkeit von den USA beim Bau der Reaktoren und bei Dienstleistungen käme bei der Brennstoffversorgung auch noch die Abhängigkeit von der Russischen Föderation dazu. 20 % des in der EU verbrauchten Urans kommen aus Russland, 22 % aus Kasachstan.

Kernenergie als Hochrisikotechnologie ist kein Beitrag zum Klimaschutz

In den EIA-Dokumenten wird behauptet, dass das polnische KKW nur etwa 6 g CO2 eq/Kilowattstunde emittieren wird. Betrachtet man jedoch die CO2 Emissionen aus dem vorgelagerten Teil des allgemeinen Lebenszyklus der Kernenergie, insbesondere aus dem Uranabbau und der Uranverarbeitung, sind die Zahlen viel höher und dürften weltweit noch steigen (aufgrund der Erschöpfung reicher Uranerze). In der Metastudie von Nugent und Sovacool aus dem Jahr 2014 wurde für die Kernenergie ein Median von 66 g CO2 eq/kWh berechnet. Internationale Studien wie die des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zeigen eindeutig, dass die CO2 Emissionen der Windenergie deutlich niedriger sind als die von Kernkraftwerken.

Keine Betriebserfahrung mit dem Reaktortyp Westinghouse AP1000 in Europa

Das erste polnische Kernkraftwerk soll aus drei AP1000-Reaktoren des US-Unternehmens Westinghouse bestehen. Den EIA-Unterlagen zufolge sollte für das erste polnische KKW ein Reaktor ausgewählt werden, der bereits über Betriebserfahrung verfügt. Bislang ist jedoch noch kein AP1000-Reaktor in Europa in Betrieb. Sein passives Sicherheitskonzept und seine modulare Bauweise können deshalb nicht als „bewährt“  bezeichnet werden. Da Ihr Land zudem keine Erfahrung mit dem Betrieb und der Überwachung von Kernkraftwerken hat, erfüllt mich das mit besonderer Sorge. Die Zulassung dieses Reaktortyps in den USA erfolgte bereits 2006 – vor der Katastrophe von Fukushima.

Fehlender Schutz gegen Terrormaßnahmen, Sabotage und Kriegseinwirkungen

Die vorgesehenen AP1000-Reaktoren sind nicht ausreichend gegen Terror und Sabotage geschützt. Beispielsweise würden sie  dem Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs, wie er von Al Quaida in den USA geplant war nicht standhalten. Einwirkungen von außen können beim AP1000 zu großen Unfällen und zur Freisetzung großer Mengen radioaktiver Strahlung führen.

Völlig unzulänglich ist der Schutz vor Kriegseinwirkungen. Gerade die aktuelle weltpolitische Lage nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und den Erfahrungen mit den nuklearen Anlagen in der Ukraine zeigen, dass die Gefahren von Angriffe auf Atomanlagen größer werden

Beides – Terrorangriffe und Kriegseinwirkungen können nicht nur die Verstrahlung der Umgebung, sondern auch weiter Teile Nord- und Mitteleuropas zur Folge haben.

Schwere Unfälle, die weite Teile Europas betreffen, sind nicht auszuschließen

In den UVP-Dokumenten wird ein schwerer Unfall berechnet, der aber keineswegs den schlimmstmöglichen Unfall darstellt. Unabhängige Studien zeigen, dass ein Unfall mit Versagen des Containments schwerwiegende Auswirkungen haben. Unter verschiedenen ungünstigen Wetterbedingungen könnte jedes Land in Europa schwer kontaminiert werden.

Sichere Entsorgung von Atommüll ist nicht garantiert

Es gibt keinen Nachweis für die sichere Entsorgung der abgebrannten Brennelemente und radioaktiven Abfälle, die beim Betrieb und der Stilllegung des Kernkraftwerks anfallen würden. Dafür wären Anlagen zur Konditionierung und Verpackung der Abfälle, Zwischen- und Endlager erforderlich, von denen bisher keine fertiggestellt wurden und für deren Bau in den UVP-Unterlagen keine Zeitpläne angegeben sind. Das UVP-Dokument bezieht sich auf Polens Nationales Abfallwirtschaftsprogramm, das die Richtlinie 2011/70/Euratom über nukleare Abfälle umsetzen soll, aber auf die Version von 2015, die bereits veraltet ist. Selbst die Europäische Kommission hält Polens Abfallbewirtschaftungspläne für unzureichend,. Es wurde meines Wissens bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Im Nationalen Entsorgungsprogramm deutet Polen an, sich an einem multinationalen Endlager beteiligen zu wollen – allerdings nicht auf polnischem Staatsgebiet. Dieser Versuch ist zum Scheitern verurteil. Bisher hat sich kein EU-Mitgliedstaat bereit erklärt, den Atommüll anderer Länder aufzunehmen.

Da die polnischen Nuklearpläne Auswirkungen auf ganz Europa haben können, fordere ich eine öffentliche Anhörung mit der Möglichkeit der Online-Beteiligung und einer Verdolmetschung möglichst in die deutsche, zumindest aber  in die englische Sprache.

Erneuerbare Energien, Effizienz und Einsparung statt Kernenergie

Eines der größten Risiken beim Bau von Kernkraftwerken besteht darin, dass es zu Verzögerungen von bis zu mehreren Jahrzehnten kommt und ein Teil der Anlagen sogar aufgegeben wird. Wichtige Zeit wurde dann für die Energiewende vertan. Die nötige Förderung Erneuerbarer Energien findet parallel meist gar nicht oder nicht im nötigen Umfang statt. Oft wird dann noch auf CO2-intensive Kohlekraftwerke als Übergangstechnologie gesetzt, die dann bei einem Scheitern der Atomkraftpläne aus Mangel an schnell einsetzbaren Alternativen weiter betrieben werden müssen.

Ich fordere daher einen Plan B, bestehend aus dem massiven Ausbau von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz- und Einsparungs-Maßnahmen und der verbindlichen Ankündigung eines Datums, ab dem dies umgesetzt wird, wobei mehr als 2 Jahre nicht akzeptabel sind: Für die Lösung der Klimakrise sind wir alle verantwortlich. Sie kann nicht warten.

Bitte informieren Sie mich über die weiteren Planungen und den Fortgang des Verfahrens.

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Seifert

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