Zentrales Atommülllager Würgassen – Gefälligkeitsgutachten und politische Vorgaben – Massive Kritik an BMU und BGZ

Zentrales Atommülllager Würgassen – Gefälligkeitsgutachten und politische Vorgaben – Massive Kritik an BMU und BGZ

Das Auswahlverfahren für ein bundesweites Zentral-Atommülllager für leicht- und mittelradioaktive Atomabfälle läuft auf einen Neustart hinaus. Die bisherigen Planungen und das Auswahlverfahren für einen Standort in Würgassen an der Weser sind heute auf einer Pressekonferenz mit mehreren Gutachten auseinander genommen worden. Die von vielen Kommunen in der Region unterstützte Bürgeriniative „Atomfreies Dreiländereck“ zeigte in der Präsentation massive Fehler auf und kritisierte ein Gefälligkeitsgutachten des Öko-Institut zur Standortauswahl. Die „Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung“ (BGZ) als Antragsteller und zukünftiger Betreiber eines solchen Atommülllagers dürfte erhebliche Probleme bekommen. Der BUND NRW kündigte auf der PK außerdem an, dass er mit einer Verbandsklage die Rechtmäßigkeit einer solchen Atomanlage prüfen werde, sollte es im weiteren zu einer Genehmigung kommen. (Weiter unten alle Quellen und Dokumentation, siehe vor allem „Atomfreies Dreiländereck„. Zum Öko-Institut siehe ganz unten die Doku. Auf der BGZ-Seite habe ich die nicht mehr gefunden. Kann mein Fehler sein. Zwar nicht bei der BGZ, aber beim BMU ist die Studie als PDF online oder hier direkt)

In dem geplanten Atommüll-Lager sollen alle leicht- und mittelradioaktiven Abfälle aus dem gesamten Bundesgebiet zusammen kommen und dort nach optimierten Plänen verpackt werden, um den Strahlenmüll dann im noch im Bau befindlichen Endlager im Schacht Konrad in Salzgitter unter die Erde zu bringen. Alle? Nicht direkt. Denn nur ungefähr die Hälfte der in Deutschland anfallenden Strahlenabfälle dieser Art dürften im Schacht Konrad eingelagert werden. Was mit dem weiteren Atommüll dieser Art passieren soll, ist eher im Nebel, wenn man die bisherige Umgangsweise staatlicher Stellen betrachtet.

Schon die Sinnhaftigkeit eines solchen neuen „Zentral-Lagers“, vom Projekträger lieber Logistikzentrum genannt, verbunden mit tausenden von Transporten und Arbeitschritten, die zu einer zusätzlichen Strahlenbelastung für Anwohnende und Beschäftigte führen, ist umstritten.

(Warum ein solches neues Atommülllager aber im einige hundert Kilometer von Salzgitter entfernten Würgassen entstehen soll, bleibt in der öffentlichen Debatte weitgehend ausgeklammert. Es wäre ja im Grunde, wenn eine solche Anlage überhaupt Sinn macht, „vernünftig“, sie direkt am Schacht Konrad zu bauen. Vorn rein – sortieren – umpacken – einpacken und in den Keller bringen!)

Das Video der Pressekonferenz ist im Youtube-Kanal der Initiative online und unter der PM direkt hier anzusehen:

Dokumentation: Atomfreises Ländereck Hessen – Niedersachsen – NRW – Pressekonferenz am 07.02.2023

Die Kritik am geplanten zentralen Bereitstellungslager / Logistikzentrum Konrad im Dreiländereck Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen wird seit Bekanntgabe durch den Vorhabenträger, der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), immer intensiver. Zuletzt konnte belegt werden, dass ein von der BGZ wiederholt zitiertes positiv-Gutachten des Öko-Instituts unter massiver Einflussnahme des seinerzeit von der SPD geleiteten Bundesumweltministeriums erstellt wurde.

Aktuell haben die Verantwortlichen des BMUV eine Überprüfung der bisherigen Standortentscheidung durch die Fachexperten der Entsorgungskommission des Bundes (ESK) angeordnet, welche bis Ende Q1/2023 veröffentlicht werden soll. Der Region im Dreiländereck ist es wichtig das die ESK, über Unterlagen der BGZ hinaus, belastbares als auch qualitativ hochwertiges Informationsmaterial erhält, welche dem Anspruch an das Vorhaben von umfangreicher logistischer Tragweite gerecht wird. Vor allem Menschen in NRW, als auch in NI und HE werden über Jahrzehnte mit mehrfach täglichen Gefahrgut-Transporten der Klasse 7 belastet werden. Um so wichtiger ist es, dass die Entscheidungsgrundlage für die zu treffende Beurteilung der Standortentscheidung „LoK Würgassen“ auf harten Fakten beruht.

Aus diesem Grunde hat die Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck e.V. mit der Unterstützung diverser Städte, Kommunen, Landkreise und der Bevölkerung ein Gutachten zur Darstellung der hiesigen Infrastrukturgegebenheiten bei der „RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement Fachagentur für Stadt- und Verkehrsplanung“, Marburg, beauftragt. Die Studie wurde im Rahmen einer Pressekonferenz im historischen Rathaus Bad Karlshafen von der Fachagentur vorgestellt und erläutert. Im Anschluss hat Rechtsanwalt Philipp Heinz, Berlin, eine rechtliche Stellungnahme abgegeben.

Dokumente:

Das Öko-Institut hatte in 2020 das hier veröffentlicht:

Lagerung radioaktiver Abfälle möglich

10.03.2020
 Ehemaliges AKW Würgassen kann Zwischenlager-Standort sein

Schwach- und mittelradioaktive Abfälle, die im Endlager Konrad eingelagert werden sollen, können auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks Würgassen bis zum Weitertransport an das Endlager aufbewahrt werden. Das AKW Würgassen ist bereits seit 1997 stillgelegt; der Rückbau der nuklearen Anlagenteile ist seit 2014 abgeschlossen. Der Standort ist nach einer ersten Einschätzung des Öko-Instituts deshalb geeignet, weil er den Anforderungen der Entsorgungskommission (ESK) weitestgehend entspricht. Zudem existieren bereits zwei genehmigte Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle auf dem Gelände. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Stellungnahme des Öko-Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU).

Kriterien der Betreibergesellschaft nachgeprüft

Da am Endlagerstandort Konrad selbst nur geringe Lagerkapazitäten bestehen, müssen die einzulagernden Abfälle in einem sogenannten zentralen Bereitstellungslager (ZBL) angeliefert, vorübergehend aufbewahrt und nach Bedarf an das Endlager abtransportiert werden. Um einen geeigneten Standort für das ZBL zu ermitteln, hat die Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) verschiedene verfügbare Standorte ermittelt und im Hinblick auf sicherheitstechnische und logistische Anforderungen auf Basis der Empfehlungen der Entsorgungskommission (ESK) untersucht. Das Öko-Institut hat nun die Auswertungen der BGZ, die das ZBL planen, errichten und betreiben wird, unabhängig nachgeprüft.

Zentrale Frage bei der Auswahl des Standorts ist dabei, kann er zeitnah verfügbar sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass das ZBL rechtzeitig in Betrieb gehen kann, um den Einlagerungsbetrieb nicht zu verzögern. Das Endlager Konrad soll voraussichtlich 2027 in Betrieb gehen. Für die Bewertung haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts folgende Kriterien des BGZ nachgeprüft:

  • Entfernung des Standorts zum Endlager Konrad
  • Größe des Standortes
  • Abstand zu bestehenden Gleisanlagen zum Transport
  • Abstand zu Wohnsiedlungen
  • Kein Naturschutzgebiet

Insgesamt haben die Expertinnen und Experten des Öko-Instituts für den Standort Würgassen kein Risiko identifiziert, das die zeitnahe Umsetzung des zentralen Bereitstellungslagers behindern könnte.

„Dennoch sind aus unserer Sicht weitere Planungen, Untersuchungen und Nachweise erforderlich, die im Genehmigungsverfahren im Detail geprüft werden müssen“, betont Julia Neles, Expertin für die Lagerung radioaktiver Abfälle am Öko-Institut. „Dazu gehört etwa, ob bauliche Maßnahmen gegen Hochwasser ergriffen werden müssen.“

(Die folgenden Studien sind direkt hier und hier als PDF zum download, umweltFAIRaendern)

Studie „Stellungnahme zur Herleitung der Standortempfehlung „Zentrales Bereitstellungslager Konrad“ der BGZ“ des Öko-Instituts

Studie „Bewertung der grundsätzlichen Eignung des Standorts Würgassen für die Errichtung und den Betrieb eines Zentralen Bereitstellungslagers Konrad (ZBL)“ des Öko-Instituts

Dirk Seifert

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