Kriegsfolgen: Nukleare Aufrüstung – Französischer Atomkonzern kündigt Ausweitung der Urananreicherung und HALEU-Herstellung an

Kriegsfolgen: Nukleare Aufrüstung – Französischer Atomkonzern kündigt Ausweitung der Urananreicherung und HALEU-Herstellung an

Der französische Atomkonzern Orano strebt einen Ausbau seiner Urangeschäfte an. Dazu gehört nicht nur die fortgesetzte Kooperation mit dem russisschen Staatskonzern Rosatom. Über Framatome wird diese am bundesdeutschen Standort in Lingen entwickelt. In Pierrelatte/Triscastin an der Rhone in der Nähe von Avignon soll die Uranreicherungsanlage Georges Besse II (BG II) nach Ankündigungen von Orano schrittweise erweitert werden. Nicht nur die Menge des dort angereicherten Uran soll auf diese Weise erhöht werden. Außerdem ist geplant, die Anreicherung des spaltbaren Uran 235 künftig deutlich zu erhöhen. (Foto: Orano)

Nach Angaben von WNN hat aber Orano offenbar einen Antrag gestellt, für neue Reaktorkonzepte in der GB II künftig auch mit knapp unter 20 Prozent fast atomwaffenfähiges, sogenanntes HALEU-Uran herzustellen.

  • Die Uran-Zentrifungen in Frankreich basieren auf einer von dem teilweise deutschen Konzern URENCO entwickelten Technik, die auch z.B. im westfälischen Gronau im Einsatz ist. Frankreich ist Mitte der 2000er Jahre in eine URENCO-Unternehmen zur Forschung und Entwicklung der für die Urananreicherung erforderlichen Zentrifungen-Technik eingestiegen. Die dreistaatliche URENCO (NL, GB, Deutschland mit den Unternehmen RWE und E.on) und Frankreich halten je 50 Prozent dieser Gesellschaft namens ETC für die Zentrifungen. URENCO verfügt über weitere Uranfabriken in den Niederlanden, Großbritannien und den USA. Infolge des Kriegs Russland gegen die Ukraine rüsten westliche Staaten ihre nuklearen Kapazitäten auf, um Russlands bedeutende Rolle im Atombereich einzuschränken. Zu den Internationalen Verträge im Zusammenhang mit URENCO und der Kooperation mit Frankreich: Verkauf von Atomwaffen-Technik der URENCO: Die internationalen Verträge und der Super-Gau der Weiterverbreitung

Mit Blick auf konventionelle, in Beitrieb befindliche Reaktoren, hat Orano zum Ziel erklärt, schon in den nächsten Jahren die Anreicherung von jetzt  3-5 Prozent Uran235 auf zunächst sechs Prozent bis 2025 zu steigern. Ob dann in einem weiteren Schritt auch eine Anreicherung auf acht Prozent erfolgt, ist noch nicht geklärt und hängt von entsprechenden Bestellungen seitens der Forschung und Entwicklung oder der AKW-Betreiber.

Orano-Chef Laurin erklärte laut WNN: „Orano „sollte in der Lage sein“, die verschiedenen Formen von angereichertem Uran zu liefern, um die verschiedenen kleinen modularen Reaktoren und fortgeschrittenen Reaktortechnologien zu versorgen, die derzeit entwickelt werden, sagte Lurin. Das Unternehmen kann das hochgradig schwach angereicherte Uran – auch als HALEU bekannt -, das diese Reaktoren benötigen werden, entweder durch Anreicherung in seinen bestehenden Anlagen oder durch Dekonversion von Uranhexafluorid herstellen.“ Damit gemeint sind die unter dem Namen SMR – Small-Modular-Reactor – in den Medien vielfach als Renaissance der Atomenergie gefeierten Forschungsprojekte. Die sind allesamt entweder im Konzeptstadium bzw. in der Forschung und Entwicklung, aber noch weit weg vom einer Einsatzfähigkeit. Allerdings wird diese Technik derzeit nicht in erster Linie zur kommerziellen Stromerzeugung vorangetrieben, sondern weil für die Versorgung militärischer Einrichtungen angesichts massiv wachsender Digitalisierung neue Lösungen zur Energieversorgung benötigt werden. In den USA – aber auch in Russland und vermutlich auch in China, sind daher diese kleinen Atomreaktor-Konzepte im Focus. Die militärische Bedeutung überwiegt daher in Sachen Kosten mögliche kommerzielle Anwendungen zur Stromerzeugung.

Dekonverion meint, dass atomwaffenfähig angereichertes Uran 235 verschnitten wird mit Natur-Uran, welches nur einen Anteil von rund 0,7 Prozent Uran235 hat. Auf diese Weise haben die USA fast zwei Jahrzehnte einen Teil ihres Uranbedarfs für Atomkraftwerke erzeugt. Das Material stammte aus den nuklearen Abrüstungsverträgen zwischen den USA und der Sowjetunion bzw. Russland in den 1990er Jahren.

Aber Orano macht auch deutlich, dass die notwendigen Investitionen in die nuklearen Aufrüstung davon abhängen, ob die entsprechenden Bestellungen auch erfolgen. Das Unternehmen betont seine technischen Fähigkeiten: „Wir haben auch in der Vergangenheit Kapazitäten und Ausrüstungen gehabt, um solches Material zu liefern, wir wissen also, wie man es macht“, sagte Lurin. „Wir sind bereit zu investieren, aber wir brauchen feste Zusagen von unseren Kunden oder zusätzliche Mittel von anderen Parteien, um dies zu tun und diese Investitionen zu tätigen.“ Es wird sich also noch zeigen müssen, ob die Atomenergieplanungen auch im Energiegeschäft zum tragen kommen.

Die Anlage GB II hat Anfang der 2010er Jahre die bisherige Anlage GB I zur Anreicherung in  Frankreich abgelöst. Nachdem Frankreich bei der Entwicklung einer lasergestützten Anreicherungstechnik nicht vorangekommen war, hatte sich der Atomwaffenstaat wie bereits erwähnt mit der URENCO zusammengetan und war von der Gasdiffusionstechnik, wie sie auch die USA betrieben hatte, auf die von URENCO etablierte Zentrifugentechnik gewechselt. WNN teilt in dem Bericht auch mit, dass die französische Nationale Kommission im vergangenen Jahr eine die Wiederaufnahme einer „Konsultation“ angekündigt hatte, „um eine Erhöhung der Kapazität von GB-II von 7,5 auf 11 Millionen SWU pro Jahr durch zusätzliche Investitionen zu prüfen.“ (Siehe dazu auch den Link oben.)

Zahlreiche Projekte weltweit bemühen sich derzeit mit hohen Investionssummen, neue Atomreaktor-Konzepte zu entwickeln und zu erproben. Viele dieser Konzepte benötigen dafür deutlich höher angereichters Uran235, damit die nukleare Kettenreaktor leichter in Gang kommt und Leistungsdichten trotz Verkleinerung der Anlagen möglich wird. Ab 20 Prozent Anreicherung von Uran235 gilt Atombrennstoff als waffenfähig. HALEU beideutet sinngemäß höher angereichters niedrig angreichertes Uran. Die Anreicherung von HALEU soll demnach bei 19,75 minimal unter der Schwelle zur Atomwaffenfähigkeit bleiben. Dazu laufen weltweit Forschungen. Auch z.B. für den Atomforschungsreaktor in München Garching spielt dieser Anreicherungsgrad derzeit eine zentrale Rolle.

Die USA hatten in den letzten zwei Jahrzehnten die Fähigkeit zur Urananreicherung verloren. Mit hohem Investitionsaufwand haben die USA in den vergangenen Jahren diese Technik-Lücke in der US-amerikanischen Brennstoffspirale teilweise geschlossen. Erst vor wenigen Tagen hat das Unternehmen Centrus die schrittweise Inbetrienahme eigener Zentrifungen zur Herstellung von HALEU-Brennstoff verkündet.

dirkseifert

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