Atommüll-Schachereien zwischen den AKW Krümmel und Brunsbüttel
Die Atommüllentsorgung ist und bleibt ein Desaster. Weil im Atomkraftwerk Krümmel die Lagerkapazitäten für leicht- und mittelradioaktivem Atommüll nicht ausreichen, wird diese Strahlenfracht seit Jahren in das AKW Brunsbüttel gekarrt. Ein weiteres Beispiel für die bis heute völlig ungelöste Entsorgung des Atommülls haben die Lübecker Nachrichten jüngst eher nebenbei in einem Artikel (3. Juni 2012) über das AKW Krümmel an die Öffentlichkeit gebracht. Darin heißt es: “In regelmäßigen Abständen wird in Krümmel der Inhalt von 12 bis 14 solcher 200-Liter-Fässer in einen großen, eckigen Container gefüllt. Zuletzt ist das 2011 geschehen, die nächste Umfüllaktion ist für Ende nächsten Jahres geplant. 15 Container stehen jetzt in einer Halle, bis sie auf Lastwagen nach Brunsbüttel ins Zwischenlager gebracht werden.” Das nennt man Entsorgungsnotstand und es zeigt, wie seit Jahrzehnten mit dem anfallenden Atommüll umgegangen wird. Von einem Konzept, wie es Bundesregierungen und Atombetreiber immer wieder nennen, ist das weit entfernt. Damit die AKWs weiter ungestört Strom und vor allem Gewinne für die Betreiber produzieren konnten, wurde das Atommüll-Desaster mit immer neuen Improvisationen kaschiert. Selbstverständlich rechtsstaatlich abgesichert! Die Anti-Atom-Initiative “Brokdorf akut” hat aufgrund der Meldung in den Lübecker Nachrichten bei der zuständigen Atomaufsicht nachgefragt, ob die Informationen zutreffen und auf welcher Basis diese Atommülltransporte stattfinden. Die Antwort der zuständigen Behörde ergibt folgendes: Bereits Mitte der 90er Jahre haben sich die von Vattenfall (bzw. damals noch HEW) betriebenen AKWs aufgrund von fehlenden Lagermöglichkeiten im AKW Krümmel darauf verständigt, leicht- und mittelradioaktiven Atommüll – darunter auch kernbrennstoffhaltige Abfälle – im AKW Brunsbüttel einzulagern. Im Genehmigungsbescheid für das AKW Brunsbüttel zur Annahme und Lagerung von Atommüll aus KKK aus dem Jahr 1999 heißt es auf Seite 3: Einer der Gründe für den Entsorgungsengpass war offenbar, dass das ehemals von der DDR genehmigte und trotz gravierender Sicherheitsmängel auch in der Bundesrepublik noch weiter betriebene Atommülllager in Morsleben (ERAM) nicht mehr zur Verfügung stand. Denn entgegen den damaligen Sicherheits-Beteuerungen der Bundesumweltministerin Angela Merkel war es in Morsleben zu Deckeneinstürzen des Salzstocks gekommen und schließlich ist Morsleben per Gerichtsbeschluss geschlossen worden. Geplant ist, sämtliche leicht- und mittelradioaktiven Atomabfälle künftig im Schacht Konrad zu versenken. Der ist zwar genehmigt, aber massive Sicherheitsbedenken bestehen bis heute. Und: Immer wieder hat sich die Inbetriebnahme des Atommülllagers im Schacht Konrad verschoben. Derzeit ist die Rede davon, dass 2019 die Annahme von Atommüll starten könnte. Auf Seite 4 des Genehmigungsbescheids, der die Einlagerung von Atommüll aus dem AKW Krümmel im Transportbehälterlager II am AKW Brunsbüttel erlaubt, heißt es:
Laut dem Genehmigungsbescheid für das AKW Brunsbüttel zur Annahme von Atommüll aus Krümmel vom 26. November 2009, in dem im wesentlichen die Bestimmungen von 1999 bestätigt wurden, ist diese Genehmigung nunmehr bis zum 31.12.2014 befristet. Für diese Genehmigung stellt die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein dem Antragsteller eine Gebührenrechnung: “Die Genehmigungsgebühr wird festgesetzt auf 6.500,00 Euro (in Worten: sechstausendfünfhundert). Auslagen werden gesondert festgesetzt” heißt es auf Seite 2.
Hallo und einen schönen guten Tag…
Ich habe da mal einen Frage zu Krümmel… Nach den Informationen die ich aus dem Internet entnehmen konnte ist Krümmel nach der Katastophe in Japan NICHT wieder ans Netz genommen worden.
– Was ist mit den Brennstäben passiet?
– Wie hoch ist die Strahlenbelastung im direkten Umfeld?
– und was ist weiter mit Krümmel geplant? Rückbau oder oder oder?
Vielen Dank schon jetzt für Ihre Hilfe…
Christian Kaiser
Hallo Christian,
Krümmel ist per Atomgesetz nicht mehr berechtigt, Strom zu produzieren und damit abgeschaltet. Allerdings: Was Vattenfall mit dem Reaktor vor hat, ist offen. Das Unternehmen hat bislang nicht gesagt, ob es den Reaktor zurück bauen will oder in den „sicheren Einschluss“ überführen wird. Diese beiden Möglichkeiten stehen nach Atomgesetz zur Verfügung. Grund könnte sein, dass Vattenfall sowohl vor dem Bundesverfassungsgericht als auch dem Weltbankgericht in Washington auf Schadensersatz klagt. Demnach verlangt Vattenfall als Schadensersatz für beide Reaktoren in Höhe von 3,7 Mrd. Euro. Für das AKW Brunsbüttel hat Vattenfall unter Bedingungen den Rückbau als Stilllegungsvariante bei der zuständigen Atomaufsicht beantragt.
Die hochradioaktiven Brennelemente sind aus dem Reaktorbecken alle in das Nasslager im Sicherheitsbehälter geladen worden, der Reaktordruckbehälter ist also jetzt leer. Auch in diesem Zustand ist eine aktive Kühlung der Brennelemente erforderlich. Das verladen der bestrahlten Brennelemente ist derzeit nicht möglich, weil keine Castor-Behälter zur Verfügung stehen. Es gibt derzeit nicht einmal eine Genehmigung für die erforderlichn Behälter. Erst wenn die vorläge, könnten – vermutlich über einige Jahre – die erforderlichen Behälter hergestellt werden. Diese würden dann allerdings von AKW in das Standortzwischenlager nur wenige Meter weiter für die nächsten rund 40 Jahre gelagert werden. Die Sicherheitsanforderungen an die Standortlager halten wir für unzureichend.
Zur Strahlenbelastung: Die Genehmigungswerte werden eingehalten. Was das allerdings bedeutet ist strittig: Wir gehen davon aus, dass es keine ungefährliche Strahlung gibt und auch die so genannten Niedrigstrahlung Krebserkrankungen etc. auslösen kann. Vor allem Kinder und Jugendliche sind von diesen Risiken besonders betroffen.
Ich hoffe, ihre Fragen soweit beantwortet zu haben.
Dirk Seifert,
Energiereferent ROBIN WOOD