Mit Tripod gegen Plutonium-Transport in Nordenham

Heute gegen 15 Uhr ist die Atlantic Osprey mit einer Ladung hochgiftiger Plutonium-Brennelemente am Roll-on-roll-off-Anleger in Nordenham an der Unterweser eingetroffen. Doch bevor die LKWs mit ihrer strahlenden Fracht sich auf den Weg nach Grohnde machen konnten, gab es zunächst noch eine Protestaktion:

Robin Wood-Aktive protestieren auf der MOX-Transportstrecke im Hafen von Nordenham (Foto: Chris Grodotzki / Robin Wood)
Mehrere AktivistInnen von Robin Wood stellten um 15:15 ein aus drei 6m langen Metallstangen bestehendes Tripod auf die Zufahrtsstraße zum Nordenhamer Hafen – ein Aktivist erkletterte die Konstruktion. Mit ihrer Aktion protestieren die AktivistInnen – wie viele andere – gegen den Transport der hochgefährlichen MOX-Brennelemente und den geplanten Einsatz im AKW Grohnde. Der Bereich wurde weiträumig abgesperrt, nur Presse durfte an den Ort des Geschehens. Obwohl sowohl eine technische Einheit der Polizei als auch das  SEK Hannover, also Spezialisten, vor Ort waren, entschied eine für diese Tätigkeit nicht ausgebildete BFE-Einheit sich gegen 16 Uhr zu einer lebensgefährlichen Gegen-Aktion: Sie beschlossen das Tripod zur Seite zu tragen. Dabei versuchten sie zunächst die Stangen auseinander zu ziehen – dies war jedoch nicht möglich. Beim Versuch, die Stangen von der Straße zu tragen, kippte die Konstruktion um. Der Aktivist konnte glücklicherweise aufgefangen werden und kam mit dem Schrecken davon.
Räumung durch das BFE -- das Tripod gerät ins Kippen
(c) Ruben Neugebauer – Chris Grodotzki, visual-rebellion.com
Räumung durch das BFE — das Tripod gerät ins Kippen
Das lebensgefährliche Vorgehen der Polizei zeigt wieder einmal, dass Menschenleben und die Gesundheit der Bevölkerung völlig irrelevant sind, wenn es um die Profitinteressen der Atomwirtschaft geht. Gegen 16:10 war die „Räumung“ beendet. Die Personalien der Aktivist_innen wurden aufgenommen. Anschließend durften sie gehen. Bereits seit Samstag morgen acht Uhr besteht in Nordenham eine Mahnwache von Aktion Z und dem Arbeitskreis Wesermarsch, an der sich zeitweilig bis zu 100 Menschen beteiligten. Bei strahlendem Sonnenschein am Samstag und strömendem Regen am Sonntag, heißer Suppe und wärmenden Feuern protestierten AnwohnerInnen und AtomkraftgegnerInnen aus ganz Norddeutschland gegen die tödliche Fracht aus Sellafield. Auch am AKW Grohnde gibt es bereits seit Freitag eine Mahnwache und Aktionen. An verschiedenen Autobahnbrücken auf der Transportroute sollen zudem Mahnwachen gegen den Transport stattfinden.

Aufbau des Camps am AKW Grohnde / Foto: chris grodotzki - visual-rebellion.com
Aufbau des Camps am AKW Grohnde / Foto: chris grodotzki – visual-rebellion.com

Der vielfältige, bunte und friedliche Protest zeigt deutlich, dass sich viele Menschen nicht von dem beschlossenen angeblichen Atomausstieg täuschen lassen: Solange Atomkraftwerke betrieben werden, besteht eine andauernde Gefahr durch Unfälle und die abgegebene Strahlung in die Umgebung. Jeder Tag des Weiterbetriebs erhöht zudem die Menge an strahlendem Abfall, für den es nach wie vor keine Lösung gibt. ++++update+++ Uns wurde zugetragen, dass das BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit) offenbar eigenmächtig gehandelt hat: Das SEK (Spezialeinsatzkommando) Hannover war noch mit der Räumung von zwei Greenpeace-Kletterern am Anleger beschäftigt, sollte sich aber anschließend um das Tripod kümmern. Die Räumung der Greenpeace-Aktivisten erfolgte mit dieser Begründung so schnell wie möglich (ob auch hier ohne Rücksicht auf Verluste geräumt wurde, ist uns nicht bekannt). Als das BFE entschied, das Tripod eigenmächtig zu räumen, war die Räumung der Greenpeace-Aktion zudem gerade beendet. Die Sitzblockade an der Neptunstraße blieb umbehelligt. Der Transport nahm nicht, wie erwartet die direkte Zufahrt  (Neptunstraße), sondern fuhr über das angrenzende Werksgelände von Airbus. Auch vor dem Airbuswerk gab es kurzzeitig eine Sitzblockade mit knapp 30 Menschen, die jedoch schnell beiseite geräumt wurde.

MOX (c) Ruben Neugebauer – Chris Grodotzki, visual-rebellion.com
Der MOX-Transport auf dem Weg ins Airbus-Werk
  ++++Nachtrag++++ Der Artikel könnte den Eindruck erwecken, dass wir das SEK Hannover für kompetent halten, sichere Räumungen durchzuführen. Dies ist leider nicht der Fall, wie sie vielfach bewiesen haben (zuletzt bei der Protestaktion gegen Palmöl in Brake, wo ein im Hafen ausgeliehener Gabelstapler eingesetzt wurde). Ein so undurchdachtes und hochriskantes Vorgehen wie das oben beschriebene ist vom SEK allerdings eher nicht zu erwarten. Völlig rätselhaft ist jedoch, warum nicht zunächst die technische Einheit der Polizei, die ebenfalls vor Ort war, hinzugezogen wurde. Grundsätzlich ist eine Tripod-Aktion sicher, wenn sie nicht unsachgemäß geräumt wird. Dreibeine stehen ausgesprochen stabil, wenn sie im Kreuzungspunkt der Stangen senkrecht nach unten belastet werden (z.B. durch kletternde Menschen). Werden jedoch die Stangen verschoben, verschiebt sich auch der Schwerpunkt, das Dreibein kann kippen, wie hier geschehen. Das ist eigentlich physikalisches Alltagswissen, über das auch BFE-Beamte verfügen sollten.   +++ Erste Presseberichte +++ Spiegel online Welt online Nordwestzeitung (NWZ) Nordseezeitung HAZ weser-ems.business-on

Ulrike Bielefeld

12 Gedanken zu “Mit Tripod gegen Plutonium-Transport in Nordenham

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert