HamburgerInnen wollen das: (Fast) Alle Macht dem BUND!
Es gibt einfach tolle Umfragen. Eine solche hat das Hamburger Abendblatt gerade machen lassen. „Hamburger wünschen sich mehr Macht für Umweltverbände. 40 Prozent der Bürger geht der Einfluss nicht weit genug. BUND kündigt weitere Aktionen an“, ist da nun zu lesen. Immerhin repräsentativ. „Das ist das Ergebnis der Umfrage des Abendblatts, bei der das Meinungsforschungsinstitut GESS Phone & Field 1002 wahlberechtigte Hamburger befragt hat.“ Nicht sonderlich überraschend ist: „Die hartnäckigsten Kritiker der Verbände sitzen im Lager der CDU-Wähler: Von ihnen sagt eine Mehrheit von 53 Prozent, dass der Einfluss schon jetzt zu groß ist, während sich 27 Prozent mehr Macht wünschen. Bei allen anderen Parteien ist das Verhältnis umgekehrt. An der Spitze liegen die Grünen-Wähler, von denen sich 73 Prozent mehr Macht für die Umweltorganisationen wünschen.“
Natürlich geht es in der Umfrage nicht nur um den BUND. Auch der Nabu oder Greenpeace sind gemeint. Aber besonders der BUND hat in Hamburg inzwischen von den Medien einen Status zugeschrieben bekommen, in dem der Geschäftsführer gern auch als „Schattenbürgermeister“ beschrieben wird. Der Grund: In den letzten Jahren hat der BUND nicht nur mit Klagen vor Gericht eine Menge für die Umwelt bewegt. Manfred Braasch heißt dieser Geschäftsführer, der ohne Frage den Hamburger BUND zu einem überaus wirksamen und effizienten Umweltverband aufgebaut hat. Natürlich nicht allein. Da ist ein Vorstand, der solche Aktionen und Maßnahmen absichert, da sind haufenweise Experten, die sich rund um Braasch und den BUND mit Know-How einbringen und da sind zahlreiche Initiativen, Organisationen und Bündnisse, die die Arbeit des BUND wirkungsvoll unterstützen, begleiten und verstärken.
- Das Abendblatt hat auch eine Pro- und Contra-Position veröffentlicht. Hier ist der Artikel von Jens Meyer-Wellmann, der in seinem Blog online ist: Die Natur braucht einen Anwalt – alle anderen haben auch einen! Matthias Iken findet, die Umweltverbände haben zuviel Macht.
So hat der BUND sich den Zorn der Hafenwirtschaft über die Gewerkschaften bis hin zu CDU und SPD-Senat zugezogen, als seine mit dem Nabu betriebene Klage gegen die Elbvertiefung zunächst im Eilverfahren vom Gericht angenommen wurde. Die Bagger, die die Elbe noch mal ein gutes Stück tiefer legen sollten, bleiben im Hafen. Bis heute. Denn inzwischen hat das Gericht in der Hauptsache zahlreiche gravierende Mängel durch die Behörden festgestellt und damit den „Baggerstopp“ bestätigt. Jetzt wird erstmal auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Weservertiefung gewartet. Danach wird sich zeigen, wie es mit dem Elbeausbau weiter geht. In jedem Fall wird der Senat massive Abstriche mache müssen und Naturbelangen erheblich größeren Raum geben müssen.
Herausragend auch der Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“, der im letzten Jahr gegen ein massives Trommelfeuer von Vattenfall, Handelskammer über die CDU bis wiederum SPD-Senat erfolgreich gewonnen wurde. Knapp, aber eben mit Mehrheit. Ergebnis: Die Stromnetze ist Vattenfall bereits los. Erst dieser Tage wurde der neue Konzessionsvertrag von der inzwischen wieder vollständig städtischen StromNetz Hamburg GmbH unterzeichnet: Laufzeit 20 Jahre. Folgen wird spätestens 2018 das Fernwärmenetz von Vattenfall und vermutlich in den nächsten Wochen auch noch das Gasnetz von E.on. Die Verkaufsverhandlungen sollen inzwischen weitgehend geregelt sein. Als Partner standen dem BUND in diesem Volksentscheid die Kirche Hamburg Ost, die Verbraucherzentrale und viele viele Aktive zur Seite. Letztlich auch die SPD-Wähler. Denn während die SPD-Spitze massiv gegen den Volksentscheid trommelte, stimmten mindestens zwei Drittel der SPD-WählerInnen für die Rekommunalisierung der Energienetze.
Auch sonst ist Vattenfall vom BUND in Hamburg recht genervt, sorgte doch ein Aktionsbündnis im Gähler-Park, darunter ROBIN WOOD, und der BUND vor dem Oberverwaltungsgericht dafür, dass eine geplante Fernwärmetrasse zum Kohle-Kraftwerks-Neubau in Moorburg nicht gebaut werden durfte. Ein Urteil, das insbesondere für die Grünen recht peinlich war, immerhin regierten sie zu dieser Zeit gemeinsam mit der CDU. Während im Wahlkampf noch massiv damit geworben wurde, dass es ein Kohlekraftwerk Moorburg mit den Grünen nicht geben würde, unterzeichnete die spätere Grüne Umweltsenatorin zähneknirschend die Genehmigung. Auch die weitere Genehmigung zur Anbindung dieses Klimakillers an die Fernwärmeversorgung der Hansestadt war dann von der grünen Behörde flugs erteilt worden. Doch ausgerechnet die grünen Klimaschützer übersahen die erforderliche Beteiligung der Öffentlichkeit. Genau hier fädelte die Klage des BUND ein und das OVG gab dem Umweltverband Recht, kassierte die Genehmigung ein. Schwere Panne für Vattenfall.
Doch auch in der Hauptsache ging es zur Sache. Der BUND klagte gegen die Baugenehmigung für das Kohlekraftwerk, vor allem mit Blick auf die enorme Belastung für die ohnehin angeschlagene Elbe. Denn Vattenfall wollte mit enorm großen Mengen Wasser aus der Elbe die Heizkessel der 1.600 MW-Anlage kühlen. Wieder gab das Gericht dem BUND Recht, begrenzte die Wasserentnahme zur Kühlung und zwang Vattenfall zum Bau eines Kühlturms.
Ganz bittere Pille für Vattenfall, denn dieser Kühlturm lässt die Kosten steigen und mindert die Effizienz zum Schutz der Elbe. Keine Fernwärmeanbindung, höhere Umweltauflagen und Betriebskosten und dann noch jede Menge Probleme auf der Baustelle (Risse im Stahl der Kessel u.a.), Inzwischen rollte auch die Energiewende über Vattenfall hinweg und sorgte mit dem Anstieg der Erneuerbaren Energien immer mehr dafür, dass sich die wirtschaftlichen Daten für den klimaschädlichen Neubau in Moorburg weiter verschlechterten. Inzwischen musste Vattenfall hohe Verluste abschreiben, noch immer ist das Kraftwerk nicht in Betrieb. Einerseits, weil es in der Phase der Inbetriebnahme immer wieder zu Störfällen kam und Fehler in der Konstruktion sichtbar wurden. Andererseits weil es besser ist, das Kraftwerk nicht in Betrieb zu nehmen, weil dadurch die Verluste noch größer würden, denn für den Strom gibt es auf absehbare Zeit keinerlei Bedarf.
Zurecht könnte der BUND mächtig stolz darauf sein, Vattenfall in Hamburg derart heftig zurückgedrängt zu haben und damit große Räume für mehr Umwelt- und Klimaschutz erreicht zu haben. Aber damit noch nicht genug: Erst vor wenigen Tagen gab erneut ein Gericht in Hamburg einer BUND-Klage statt und verpflichtete die Stadt Hamburg, endlich wirksame und zeitnahe Maßnahmen zur Luftreinhaltung umzusetzen. Seit Jahren sind die Schadstoffbelastungen in Hamburg oberhalb der zulässigen Grenzwerte, ohne dass die Umweltbehörde sich daran wirklich störte. Genau das verurteilte nun auf Klage des BUND das Verwaltungsgericht.
Eine wirklich starke und erfolgreiche Performance, die der BUND in Hamburg für mehr Umwelt- und Klimaschutz da hingelegt hat. Da ist es kein Wunder, wenn die Wirtschafts-Mächtigen in Handelskammer, Rathaus und Konzernen nicht eben gut auf diesen Umweltverband zu sprechen sind. Was haben die gezürnt, als die Elbvertiefung auf Eis gelegt werden musste. Vom Untergang Hamburgs war gar die Rede, Gewerkschafter demonstrierten weil angeblich nun zigtausende Arbeitsplätze verloren gehen würden und und und. Genau, und bestimmt habe ich hier noch den einen oder anderen Erfolg vergessen. Kann ja vorkommen.
Eines ist klar: Die Erfolge des BUND sitzen manchen Wirtschaftsvorderen mächtig tief im Fleisch. Der Präses der Handelskammer teilte – sicherlich mit Blick auf diesen Umweltverband – in seiner Neujahrsansprache 2014 mächtig aus, redete davon, dass Volksentscheide und Gerichte die repräsentative Demokratie untergraben und die Parlamente ohnmächtig machen würden. Hallo? Ja, das war sein reden!
Ein Gedanke zu “HamburgerInnen wollen das: (Fast) Alle Macht dem BUND!”