Tropenwald im Tank! EU-Parlament entscheidet in Kürze über Deckelung von Biokraftstoffen

Der Streit der EU-Institutionen um die Deckelung des Anteils von Biokraftstoffen aus Nahrungsmitteln am gesamten Kraftstoffverbrauch geht diese Woche in die nächste Runde.
Lange Zeit floss das nach Europa importierte Palmöl zu einem überwältigenden Teil in die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie, während es für den Treibstoffmarkt nur eine untergeordnete Rolle spielte. Dieses Verhältnis hat sich deutlich verschoben. Während 2006 nur 9 Prozent des importierten Palmöl zu Treibstoff wurden, sind es heute bereits rund 30 Prozent. Fast der gesamte Zuwachs der Palmöl-Nachfrage geht mittlerweile auf das Konto der Biokraftstoffindustrie.
Der starke Zuwachs ist vor allem auf falsche politische Weichenstellungen zurückzuführen. Der Einsatz von Biokraftstoffen wird in der EU zum Beispiel durch die Beimischungsquote gefördert. Sie legte 2009 fest, dass bis 2020 im Verkehrssektor mindestens zehn Prozent des Gesamtkraftstoffverbrauchs aus Agrokraftstoffen bestehen sollen. Obwohl damals schon klar war, dass das europäische Angebot an entsprechenden Ölpflanzen dafür bei weitem nicht ausreichen, und der hochproblematische Import von Ölpflanzen aus Übersee stark ansteigen würde. Tatsächlich machen die Importe inzwischen fast ein Viertel des gesamten Biodieselverbrauchs in der EU aus. Davon ist der größte Teil Palmöl. Zahlreiche Studien belegen inzwischen, dass Biokraftstoffe aus zum Beispiel Palmöl in der Regel eine dramatisch schlechtere Klima- und Ökobilanz als fossile Kraftstoffe haben.
Heute liegt der Anteil von Biokraftstoffen am gesamt Treibstoffverbrauch in der EU bei rund 5 Prozent. Wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, wird dieser Anteil bis 2020 auf rund 8,6 Prozent steigen. Das würde nicht nur zu einem Anstieg der Treibhausgase, sondern auch zur Zerstörung weiterer riesiger Waldflächen, steigenden Lebensmittelpreisen und großflächigem Landgrabbing in den Entwicklungsländern führen.
Seit 2012 versucht die EU-Kommission nun diese Entwicklung zumindest aufzuhalten. Der Anteil von Biokraftstoffen auf Lebensmittelbasis sollte auf den derzeitigen Stand von fünf Prozent eingefroren und die bisher völlig vernachlässigten Indirekten Landnutzungsänderungen (ILUC) in die Berichterstattung aufgenommen werden. Gemeint ist damit die Verdrängung der Nahrungs- und Futtermittelproduktion durch den Anbau von Energiepflanzen, die dann wiederum auf andere Flächen z.B. Wald- und Moorgebiete ausweichen muss.
Obwohl der Kommissionsvorschlag nur sehr halbherzig ist, wird er von den Mitgliedstaaten blockiert. Die EU-Energieminister wollen sich lediglich auf eine Obergrenze von 7 Prozent am gesamten Kraftstoffverbrauch festlegen. Eine Anrechnung der ILUC-Faktoren wollen die nationalen Regierungen auf jeden Fall verhindern. Das EU-Parlament wiederum sprach sich in der ersten Verhandlungsrunde für eine Obergrenze von 6 Prozent aus und für eine Anrechnung der ILUC-Faktoren. Da in der ersten Lesung keine Einigung erzielt wurde. Geht der Kommissionsvorschlag nun in die zweite Lesung.
Die Gespräche im EU-Parlament haben diese Woche wieder begonnen. Im Februar wird eine Entscheidung des Umweltausschusses erwartet. Lehnt das Parlament die Vorschläge des Rates ab, wird es vermutlich im April zu einem Trilog-Verfahren mit allen drei EU-Institutionen kommen.
Ein Kompromiss wird am Ende vermutlich irgendeine Zahl jenseits der 6 Prozent hervorbringen und damit keinen Durchbruch bringen, sondern den Anstieg der Biokraftstoffe aus Nahrungspflanzen am Gesamtkraftstoffverbrauch nur geringfügig bremsen können. Dennoch ist es ein wichtiger Schritt. Das EU-Parlament muss sich dafür einsetzen den Anteil so niedrig wie eben möglich zu halten. Es muss außerdem dafür Sorge trage, dass über die ILUC-Faktoren indirekte Landnutzungsänderungen verbindlich in die Berechnung der Klimabilanz von Biokraftstoffen einbezogen werden.