Olympia, der Hafen und wie das gehen soll – Stadtumbau und ein „bisschen Sport“

ZumAusgangGehenAlles nicht so einfach, mit dieser Olympia-Bewerbung. Darüber berichtete Hamburg1 zum Hafengeburtstag in einer Sendung von Herbert Schalthoff mit Christine Beine, Geschäftsbereich Infrastruktur Handelskammer Hamburg, Gunther Bonz, Präsident Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. und Anjes Tjarks, B´90/Die Grünen, Fraktionsvorsitzender. Da die Sendung viele wichtige Fragen vor allem mit Blick auf die Um- und Neuansiedlung der Betriebe im Hafen, aber auch auf Fragen zur Finanzierung und den Problemen zwischen Wohnen und Hafen diskutierte, haben wir uns mal die Mühe gemacht, einen Teil der Sendung zu verschriftlichen. Im Zweifelsfall ist es sicher sinnvoll, den Beitrag von Hamburg1 als Video anzuschauen.

Für Christine Beine aus dem Geschäftsbereich Infrastruktur der Hamburger Handelskammer ist Olympia: „Ich glaube, mit Olympia haben wir die Chance, die Stadt umzubauen und ein großes Stadtentwicklungsprojekt zu realisieren. Und auf dem Weg dorthin machen wir ein bisschen Sport.“ Und in diesem Zusammenhang muss auch der Hafen „ein bisschen umgebaut“ werden. Das mit dem Hafen dürfte keine einfache und keine billige Sache werden. Günther Bonz, Chef des Unternehmens-Verbandes Hamburger Hafen sieht in der Umsiedlung der betroffenen Hafenbetriebe und den gesamten Umbau im Hafen eine „sportliche Herausforderung“ und das sei inzwischen auch in den Hamburger Behörden angekommen. Die Zeitachse bis 2024 ist sehr sehr knapp, stellt er fest, wenn man große Betriebe verlagern will und für die man erstmal Ersatzflächen finden und bereitstellen muss.

Bonz sagt, die Betriebe im Hafen wären Feuer und Flamme für Olympia, allerdings unter der Voraussetzung, dass es Ersatzflächen „ohne irgendwelche wirtschaftlichen Nachteile“ gäbe. „Und da hakt es noch“.  Dabei vergleicht er die Situation für die Betriebe mit Bewohnern eines Hauses, dass abgerissen werden soll, ohne das klar wäre, wo sie danach wohnen sollen. Daher seien die Unternehmen „in Sorge“. Dem „großen städtischen Unternehmen habe man eine Rahmenvereinbarung zugesichert und auch abgeschlossen, die in Ordnung ist“ – gemeint ist die HHLA – „und wir erwarten, dass diese 1-1, gerade auch für die Mittelständischen gilt, aber da hakt es noch, wir wissen nicht warum“.
Während der Grüne Fraktionsvorsitzende sagt, es würde derzeit viel „gequatscht“, sieht die Handelskammer im westlichen Bereich des Kleinen Grasbrooks „sensible Nutzungsmischungen, auf die wir aufpassen müssen“.  Bis November müsste ein fertiges Verlagerungskonzept in einem ambitionierten Prozeß vorliegen. Da habe die HPA jetzt einen nicht ganz einfachen Job, sagte Beine.
Bonz reagiert darauf mit „Man könne dazu nur den Kopf schütteln“. Damit reagiert er auf die Ansage, dass möglicherweise Betriebe, die heute eine bestimmte Fläche nutzen, künftig auch effizienter sein könnten und mit weniger Fläche auskommen. Bonz hält das für eine Unterstellung. Derartiges müsse man zwar untersuchen, es könne aber nicht Grundlage sein. Außerdem verwies er darauf, dass mit der HHLA eine Vereinbarung geschlossen wurde, dass diese 1:1 Ersatzflächen bekomme. Das sei zunächst auch den mittelständischen Unternehmen zugesagt worden, aber: „Dieses wurde jetzt eingefordert, aber abgelehnt. Da stimmt irgendetwas nicht“.
Und er droht: „Wenn man nicht mit Ehrlichkeit mit diesen Unternehmen umgeht, dann werden diese aus dem Olympia-Paket aussteigen“.
Beine fordert, dass alle Kosten für die Umlagerung der betroffenen Betriebe vom Bürger übernommen werden müssen. Herbert Schalthoff fragt nach, ob das nicht für die Betriebe auch als große Chance genutzt werden könnte, um damit verbunden eine auf Kosten der Steuerzahler finanzierte Modernisierung vorzunehmen. Bonz weist das zurück, die Betriebe sind modern und sollen aus der Umsiedlung keine Vorteile ziehen oder einen Reibach machen.Wohin diese Betriebe umgesiedelt werden können, ist offenbar in keiner Weise klar. Bestenfalls gibt es einige Ideen.
Bonz kritisierte auch früher Umbauten im Hafen unter Schwarz-Rot, die rund 140 Mio Euro gekostet hatten und so heute nicht mehr erforderlich sind.
Auch die Wohnungsbebauung war Thema. Die Hafenwirtschaft ist hier wenig amüsiert, dass Wohnen näher an die Hafenbetriebe heranrücken soll, weil das auch mit Betriebseinschränkungen und kostenträchtigen Auflagen verbunden sein kann.Beine spricht davon, ähnlich wie bei der Hafen-City, eine Vereinbarung anzustreben, die die Duldung der Emissionen der Hafenbetriebe zu akzeptieren habe. Es dürfe keine Veränderungen gegenüber der jetzigen Situation geben. Auf die Frage, ob die Duldung eines schlechten Umweltstandards der Weg sein könnte, sagt Tyarks: Wir sind bereit für das Problem eine Lösung zu finden. Der Hafen solle ein „bisschen ökologischer und grüner werden“. Über Gebühr sollen die Betriebe aber nicht belastet werden. Bonz: Das Thema Duldung wird nicht funktionieren, weil im Zweifelsfall später Gerichte feststellen werden, dass die Nachtruhe der Bewohner Vorrang vor den betrieblichen Interessen einer nächtlichen Produktion. Das wäre eine Abwägung zum Gesundheitsschutz. Deswegen, so Bonz, habe der Senat auch schon mal angedeutet, das Baugesetzbuch zu ändern, um so was besser zu ermöglichen. Außerdem sei der einzige Weg, in der Nachnutzung einen Riegel zwischen dem Wohnbereich und den Hafenbetrieben zu errichten. Das aber hätte zur Folge, dass die geplante Anzahl von Wohnungen auf der Fläche gar nicht unterzubringen wären, so Bonz.
Schon länger gäbe es Debatten um eine Nicht-Hafennutzung auf dem Grasbrook. Bonz spricht „mit allem drum und dran“ von rund 2400 Arbeitsplätzen, die derzeit mit den Betrieben auf dem Grasbrook verbunden. Von der HHLA, so Anjes Tyark, neuer Fraktionsvorsitzender von den Grünen, sei bislang immer von 1.100 Arbeitsplätzen, die einen Großteil der Fläche auf dem Grasbrook nutzt. Er sagte auch, Moorburg dürfe für die Umsiedlung nicht angetastet werden, das sein „ausgeschlossen“. Steinwerder, Trave-Hafen könnte einer der Zielorte sein, so Tyarks.
Bonz sieht erhebliche Probleme, weil bei der Umsiedlung immer auch andere Betriebe betroffen sind. Er spricht von einem „Domino-Verlagerungs-Effekt“ und kritisiert, dass hier nicht zu ende gedacht wurde. Er sieht insgesamt nicht, dass man langfristig an Moorburg vorbei komme, auch wenn das wegen 2024 wohl nicht passieren dürfte.
Es wird einen umfangreichen Finanzbericht zum Referendum geben, aber keine Zahl, so Tyarks. Daher sollen Risiken und Chancen und auch Refinanzierungsmöglichkeiten aufgelistet werden. Auch externe Möglichkeiten müssen berücksichtigt werden, zum Beispiel vom IOC.
Bonz kritisiert dies, auch mit Blick auf den Bund. Die Kosten müssten am Anfang klar ermittelt werden. Er verweist auf frühere Kosten im Zusammenhang mit dem Mühlenberger Loch, wo rund 1,1 Mrd MARK eingesetzt werden mussten. Gegenüber der jetzt anstehenden Planungen für den Graasbrook sei das ein eher kleines Projekt gewesen. „Ich prophezeihe einmal… dass wir beim Kleinen Graasbrook für die Flächenbereitstellung und -Aufbereitung bei dem doppelten dieses Betrags liegen werden.“ Das wären dann also 1,1 Mrd Euro für diese Umsiedlung. Mit allen erforderlichen Maßnahmen wäre man schnell bei ein bis zwei Milliarden Euro, sagte Bonz.

Tyark will diese Zahlen nicht bestätigen und will derzeit keine Zahlen nennen. Erst am Ende des Planungsprozeßes könne man genaues sagen, spricht aber auch davon, dass man in der Lage sein müsse, trotz Planungskosten das Projekt zu beenden, wenn die Kosten zu hoch sind.
Beine verweist darauf, dass auch danach noch weitere Kosten auf dem Grasbrook entstehen, die bis zum November vorliegen müssen. Bonz verweist darauf, dass es unterschiedliche Aussagen des Senats gibt. Tyarks: Über 11 Olympia-Budgets werde es im vorgesehenen Finanzbericht Aussagen geben. 3,5 Mio. Euro kostet der Masterplan Olympia, der jetzt in Auftrag gegeben wurde.

Dirk Seifert

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