Vattenfall, Wärme, Wedel: Genehmigungsanträge für Kraftwerkneubau zurückziehen!

Alternativen für Kohle-Heizwerk Wedel mit Konzept und Wärme-Dialog! Foto: Dirk Seifert
Altes Heizkraftwerk Wedel: Der Standort spielt für Hamburgs künftige Fernwärme-Pläne keine Rolle mehr! Foto: Dirk Seifert

Für die Stadt Hamburg spielt der Standort Wedel zur künftigen Fernwärme-Versorgung der Hansestadt keine Rolle mehr. Das erklärte Umweltsenator Jens Kerstan letzten Donnerstag auf der zweiten Sitzung des Energienetzbeirats. Wie von Energieinitiativen in den letzten Monaten schon gefordert, ist das Gelände rund um die ehemalige Müllverbrennungsanlage Stellingen als künftiger Energiestandort die wohl nunmehr erste Wahl. Und Vattenfall-Chef Pieter Wasmuth stellte fest: Ohne die Unterstützung des Minderheitseigners Hamburg ist der Neubau eines Ersatzkraftwerks für das alte Heizkraftwerk in Wedel nicht möglich. Grund genug, dass nun endlich die Bauanträge für das geplante neue Gas-Kraftwerk zur Fernwärmeversorgung zurückgezogen werden sollten!

Weil die Pläne für die Ersatzmaßnahmen zur Fernwärmeversorgung noch im Werden sind und der folgende Bau der Ersatzanlagen einige Zeit braucht, will Vattenfall – entgegen dem Koalitionsvertrag offenbar mit Zustimmung der Stadt Hamburg – insgesamt rund 80 Millionen Euro in die Nachrüstung der Alt-Anlage stecken. Grund für diese Maßnahme sind neue rechtliche Anforderungen zu den Schadstoffabgaben und Instandhaltung. Offiziell wird davon gesprochen, dass Wedel-Alt dann 2021 vom Netz kann, wenn die neuen Komponenten anderenorts – z.B. in Stellingen – fertig gestellt sind. (Allerdings: Immer wieder ist auch das Datum 2025 hinter vorgehaltener Hand zu hören.)

Inzwischen werden unterschiedliche Alternativen von der Umweltbehörde betrachtet und auf Wirtschaftlichkeit untersucht. Dabei werden auch erneuerbare Energie in einem gegenüber heute größeren Umfang realisiert werden. Eine tatsächliche Entscheidung über die Ersatzbauten wird es aber voraussichtlich erst 2017 geben.

Doch offiziell sind die Pläne für ein Ersatzkraftwerk in Wedel noch nicht erledigt. Vattenfall hält die Bauanträge aufrecht, diverse Klage dagegen liegen vor Gerichten auf dem Tisch. Ein klares Statement, dass Vattenfall ebenso wie die Stadt Hamburg die Kraftwerks-Neubaupläne in Wedel als erledigt ansieht, mochte Wasmuth auf der Sitzung des Energiebeirats nicht geben. Der Vattenfall-Chef sagte lediglich, dass ohne die Zustimmung der Stadt Hamburg in Wedel kein Neubau entstehen könne.
Nach dem Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“ soll die Fernwärme ab 2019 wieder vollständig in den Besitz der Stadt Hamburg übergehen. Vattenfall wäre dann aus dem Geschäft raus.

Es wäre mehr als ein gutes Signal, wenn die Stadt Hamburg ihren Partner Vattenfall nun endlich dazu drängen würde, die Genehmigungsanträge für einen Kraftwerks-Neubau in Wedel endlich zurückzuziehen und sich damit die vorliegenden Klagen erledigen würden. Möglicherweise würde das auch die gerichtlichen Auseinandersetzungen um das Alt-Kraftwerk erledigen, wenn klar wäre, dass tatsächlich 2021 die entgültige Stilllegung dieser Anlage kommt.

  • Im Hamburger Energie- und Wärmemarkt ist inzwischen ein munterer Konkurrenzkampf entstanden. E.on geht dabei über seine Tochter „HanseWerk“ auch direkt Vattenfall an, gibt sich aber äußerst kooperativ. Der Grund ist klar: Vattenfall ist angeschlagen, wird das Fernwärme-Geschäft verlieren. Im Bereich der Wärme-Erzeugung und Einspeisung aber entsteht ein neuer Markt, in dem nicht nur E.on und Vattenfall mitspielen wollen und darüber nun untereinander in Konflikt geraten. Siehe dazu z.B. das Hamburger Abendblatt; „Der Kampf um die Hamburger Fernwärme-Erzeugung beginnt“. Vattenfall steckt nicht nur in Hamburg in einem tiefen Image-Tunnel, wie z.B. die WirtschaftsWoche berichtet. Vielleicht sollte Vattenfall genau das bedenken und die Genehmigungsanträge in Wedel endlich zurückziehen.

Demokratische Energiewende nach dem Volksentscheid
Die Umsetzung des Volksentscheids „Unser Hamburg – Unser Netz“ zur vollständigen Rekommunalisierung der Energienetze für Strom, Gas und Fernwärme und damit die Demokratisierung der Hamburger Energiepolitik bringt Schritt für Schritt die Energiewende mit mehr erneuerbaren Energien voran. Betroffen davon ist nun auch die Fernwärmeversorgeversorgung, die seit Jahren für massive Auseinandersetzungen mit Vattenfall verursachte. Das marode und klimaschädliche (kohlebefeuerte) Heizkraftwerk in Wedel soll schon lange vom Netz. Zunächst wollte Vattenfall dieses Kraftwerk in Wedel ausgerechnet mit dem Kohlemonster Moorburg und einer Fernwärmeleitung unter der Elbe hindurch ersetzen. Da aber waren Umweltverbände wie der BUND und Initiativen rund um den „Gähler Park“ vor.
In der Frühphase des Volksentscheids zogen Vattenfall und die nun mit 25,1 Prozent an der Fernwärme beteiligte Stadt Hamburg ein neues Konzept aus der Tasche. Ein angebliches Inovationskraftwerk sollte in Wedel neu entstehen. Dieses sollte als Ersatz der alten Kohle-Anlage mit Gas befeuert werden, war aber fast doppelt so groß geplant, so dass positive Klimaeffekte nahezu bei Null gelägen hätten. Diese Neubaupläne sorgten während des Volksentscheids und vor Ort für massiven Widerstand. Nach dem erfolgreichen Volksentscheid zu Rekommunalisierung der Hamburger Energienetze kam es zu einem von zahlreichen Initiativen und Verbänden initiierten Wärme-Dialog, dem sich auch die Umweltbehörde nicht länger entziehen konnte.
Ein umfangreicher Gutachtensprozess führte schließlich dazu, dass zahlreiche Alternativen zu einem Neubau in Wedel auf den Tisch kamen. Bedeutsam dabei auch der Vorschlag, dass der Standort Stellingen als künftiger Energiestandort viele Möglichkeiten zu bieten hat.
 

Dirk Seifert

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