Atommüll: Laufzeitverlängerung hochradioaktiver Zwischenlagerung – Neubau Lubmin wegen fehlendem Terrorschutz

Atommüll: Laufzeitverlängerung hochradioaktiver Zwischenlagerung – Neubau Lubmin wegen fehlendem Terrorschutz

Die Zwischenlagerung hochradioaktiver Strahlenabfälle in der Bundesrepublik wird aufgrund fehlender Endlagerung in die Laufzeitverlängerung gehen. Kritik am mangelhafen Sicherheitskonzept für die Lagerung in diesen hochgefährlichen überirdischen Lagerhallen gibt es schon seit Jahren. In einigen Punkten werden zögerlich bauliche Nachrüstungen vorgenommen, um den Terrorschutz zu verbessern. Für 40 Jahre sind die Zwischenlager an den AKW-Standorten sowie in Ahaus und Gorleben genehmigt. In Brunsbüttel verfügt das Lager über keine atomrechtliche Genemigung mehr, ebenso prekär ist die Lage bei der Lagerung der AVR-Abfälle in der ehemaligen Atomforschungsanlage Jülich. In Lubmin bei Greifswald muss wegen des fehlenden baulichen Terror-Schutzes sogar eine neue Lagerhalle gebaut werden. Klar ist, dass die Zwischenlager möglicherweise noch bis in die 2080er Jahre oder gar bis in nächste Jahrhundert benötigt werden. Doch bereits 2028 müssen die zuständigen Behörden komplett neue Genehmigungen beantragen und der Bundestag muss dafür die Grundlagen schaffen.

Daher hat die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) nun ein Forschungsprogramm vorgelegt, wie sie die Sicherheitsanforderungen an eine verlängerte Zwischenlagerung erreichen will. Die Bürgeriniativen in Gorleben und Ahaus haben in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre Kritikpunkte zusammengefasst und der BGZ überreicht.

Währenddessen fand in Lubmin im Rahmen der atomrechtlichen Bürgerbeteiligung der Erörterungstermin für den kompletten Neubau einer Zwischenlagerhalle für hochradioaktiven Strahlenmüll statt. Der Neubau ist notwendig, weil die baulichen Nachrüstungen aufgrund erhöhter Terrorbedrohung wegen statischer Probleme an der alten Halle nicht durchgeführt werden können. Lubmin wäre – wenn man so will – der Lakmustest, wie ein neues Konzept für die Langzeit-Zwischenlagerung aussehen könnte. Der BUND in Mecklenburg-Vorpommern hat gemeinsam mit dem Bundesverband Einwendungen erhoben und fachlich untermauert.

Auch das Nationale Begleitgremium bei der Endlagersuche hatte sich aufgrund des Zusammenhangs jüngst in Ahaus (NRW) intensiv mit der Langfrist-Zwischenlagerung befasst und dazu Vertreter:innen der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung, der JEN aus Jülich und vom Atomforschungsreaktor in München Garching sowie Vertreter:innen aus der Politik und der Bürgerinitiaven eingeladen. Siehe dazu auch: Nationales Begleitgremium: Zwischenlagerung von Atommüll, nukleare Laufzeitverlängerung und die Endlagersuche

Die BGZ hatte jüngst in Essen auf einer Veranstaltung über die Anforderungen an die Langfrist-Zwischenlagerung und einem dazu entwickelten Forschungsprogramm informiert und dazu Vertreter:innen vom BUND und der BI Ahaus eingeladen. Dazu ist hier bei BGZ etwas zum Nachlesen, inklusive dem Forschungsprogramm. Die vier Eingangsstatements als PDF/Zip auch hier. Dort hatte Hartmut Liebermann von der BI Ahaus neben vielen Fachpunkten auch bemängelt, dass die BGZ mit dem Begriff einer „verlängerten Zwischenlagerung“ arbeitet, statt von einer Neugenehmigung der Zwischenlager, um die es sich eigentlich handelt. Außerdem verwies er darauf, dass es bei der Internationalen Atomenergie Agentur üblich wäre, von  „long term storage“ zu sprechen, wenn es um Lagerzeiten von über 50 bis zu 100 Jahren geht. Genau das aber ist inzwischen für alle bundesdeutschen Zwischenlager zu erwarten, weil es – auch nach Aussagen des Präsidenten des für die Endlagersuche zuständigen Bundesamts für die Sicherheit der kerntechnischen Entsorgung (BASE), Wolfram König – zu Verzögerungen bei der Endlagersuche kommen wird.

Atommüllzwischenlager – die Zeit läuft

Die Zwischenlager für Atommüll in Deutschland sind in die Jahre gekommen. Die genehmigte Lagerzeit endet 40 Jahre nach der ersten Einlagerung von Atommüll. Auch der CASTOR als Lager- und Transportbehälter für den Atommüll verliert seine Genehmigung 40 Jahre nach der Beladung.

Beide Fristen sind in Gorleben und Ahaus in Kürze erreicht und die Bürgerinitiativen in Ahaus und Gorleben vermissen ein tragfähiges Lager- und Behälterkonzept für die nächsten 80-100 Jahre. In der Kritik steht vor allem das Forschungskonzept der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), die für die Zwischenlager zuständig ist. Mit dem „Forschungsprogramm“ solle zunächst nur eine Strategie zur Erlangung der Verlängerungsgenehmigungen entwickelt werden, kritisiert Felix Ruwe für die BI Kein Atommüll in Ahaus: „Die BGZ spricht immer nur von „Verlängerter Zwischenlagerung“ und suggeriert schon mit diesem Begriff, dass es aus ihrer Sicht nur um eine Verlängerung des bestehenden Lagerkonzepts mit ein paar kleinen Ergänzungen, Veränderungen und zusätzlichen Überprüfungen geht.“

„Das Forschungsprogramm greift viel zu kurz“, sekundiert Wolfgang Ehmke, der Sprecher der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Im Kern beschränke sich die BGZ darauf, die Haltbarkeit der Deckeldichtungen zu untersuchen.“ Weitgehend außer Acht gelassen werde die Sicherung der Zwischenlager, da gehe es um Unglücksfälle oder Angriffe auf die Lagerstätten, also auch um die Wandstärken in Ahaus und Gorleben.

Die BIs verweisen in diesem Zusammenhang auf das Forschungsprojekt ENTRIA, das sich ausführlich mit der mangelhaften Haltbarkeit von Zwischenlagern befasste. Auf unterschiedlichen Fachtagungen wurde mehrfach angeregt, ein oberflächennahes Zwischenlager zu bauen, welches wesentlich mehr Sicherheit für die nächsten 100 Jahre bietet, wie das gerade am Standort Lubmin/Greifswald geplant ist. Allerdings ist die BGZ dort nicht die Betreiberin.

Die BIs zitieren die ENTRIA- Empfehlung: „Für zukünftige Genehmigungen (die gemäß (Entsorgungskommission, ESK 2015) eine Neugenehmigung und keine Verlängerung bestehender Genehmigungen darstellen) ist dabei erneut zu prüfen, ob die bestehenden Gebäude einen ausreichenden Beitrag zu der gemäß AtG nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Vorsorge gegen Schäden leisten. Hierfür wird der vor Ablauf der Genehmigungsfristen erreichte Stand von Wissenschaft und Technik heranzuziehen sein.“

Die beiden Bürgerinitiativen haben ihre umfassende Kritik jetzt direkt an die BGZ übermittelt und erwarten eine Stellungnahme: „Wir hoffen auch auf Unterstützung der Bürgermeister:innen der 16 Zwischenlagerstandorte, die wir in Kenntnis gesetzt haben. Die Zeit läuft!“

Felix Ruwe / Schüttenfeld 42 / 48683 Ahaus / 0171 793 792 6
Wolfgang Ehmke/ BI-Büro Rosenstr.20/ 29439 Lüchow/ 0170 510 56 06

Die Kritik im Kern: Zwischenlager plus 80

Dirk Seifert

4 Gedanken zu “Atommüll: Laufzeitverlängerung hochradioaktiver Zwischenlagerung – Neubau Lubmin wegen fehlendem Terrorschutz

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