Rodungssaison am Tagebau Hambach – Der Forst bleibt widerständig!
Es wird wieder Herbst im Hambacher Forst, bei Köln. Während an anderen Orten die Natur mit Erntedank gefeiert wird, beginnt hier – vorangetrieben vom Energiekonzern RWE – die jährlliche „Rodungssaison“. Der Braunkohletagebau fordert seinen Tribut. Doch wie zuvor, formiert sich auch dieses Jahr Widerstand. Anti-Kohle-Aktivist_innen kündigen Proteste an – getreu dem Motto ihrer Kampagne „Um jeden Meter kämpfen!“
Einst erstreckte sich der Hambacher Forst – einer der naturwüchsigsten Wälder Mitteleuropas – über stolze 5.500 Hecktar. Damit war der Forst der größte Wald in der Region zwischen Köln und den Niederlanden. Heute sind davon weniger als 1.000 Hektar geblieben. Ohne Unterlass frisst sich der Tagebau Hambach, ein Loch von nahezu 500 Metern Tiefe, Tag für Tag und Stunde für Stunde voran. Nur 300 Hektar des Waldes sollen – so der Wille RWEs – nach dem Ende des Braunkohletagebaus bleiben. Auch in Zeiten einer möglichen Wende hin zu Erneuerbaren Energien wird die 12.000 Jahre alte Waldgeschichte des Hambacher Forsts weiterhin der Kohle geopfert.
Seit Beginn der Rodungen im Jahr 1978 war die Vernichtung des Waldes umstritten. Mit der Besetzung des Hambacher Forsts am 14. April 2012 erreichte der Protest eine neue Qualität. Mit direkter Aktion stellten sich Aktivist_innen der Anti-Kohle-Bewegung so der ungebremsten Zerstörung des Ökosystems entgegen. Trotz wiederholter Räumungen durch die Polizei besteht die Besetzung bis heute weiter. Ergänzung findet sie durch ein Protestcamp auf einer anliegenden Wiese, deren Besitzer sich sich mit den Protesten solidarisierte. Etwa 20 Menschen leben im Wald und auf der Wiese in Wohnwägen, Lehm- und Holzhütten.
RWE rodet von Oktober bis Februar. Wie jedes Jahr wird so ein 200 bis 400 Meter breiter Streifen des Waldes gefällt, um den gigantischen Kohlebaggern den Weg frei zu machen. Die Aktivist_innen des Forsts rufen deshalb zu vielfältigen Protesten auf. Mit direkten Aktionen wollen sie dem Treiben Einhalt gebieten. Vom 9. bis zum 18. Oktober laden sie zu einem sog. „Skillsharing Camp“, einer „Party auf der Kohlebahn!“ (17. Oktober) und einem Waldspaziergang (18. Oktober).
Auch der noch erhaltene Teil des Hambacher Forsts ist ein einzigartiges Ökosystem. Hier finden sich Stieleichen und Rotbuchen, die über 200 Jahre alt sind. Der Hambacher Forst ist eine der größten Eichen-Hainbuchenwaldflächen der Bundesrepublik. Er bietet zahlreichen Zugvögeln jedes Jahr einen Zwischenstopp. Bewohnt wird er von Waldkäuzen, Fledermäusen und Haselmäusen sowie zwei Kolonien der vom Aussterben bedrohten Bechsteinfledermaus. Insgesamt finden sich im Forst 142 geschützte Arten.
All dem droht der Braunkohleabbau den Garaus zu machen. Der Tagebau Hambach ist dabei nur einer von gegenwärtig zwölf aktiven Braunkohle-Tagebauen in Deutschland. In ihnen werden rund 20 Prozent der weltweit geförderten Braunkohle abgebaut (185,43 Mio. Tonnen im Jahr 2012). Der Braunkohletagebau ist mit immensen Materialbewegungen verbunden. Im Durchschnitt werden beim Abbau für einen Teil Kohle 5 Teile Abraum bewegt. Neben der Zerstörung von Ökosystemen, wie dem Hambacher Forst, bewirken die Kohletagebaue eine Vielzahl von ökologischen, gesundheitlichen, kulturellen und finanziellen Folgeschäden.
Ca. 300 Ortschaften mussten in Deutschland bereits der Kohle weichen und 110.000 Menschen wurden so vertrieben. Auch wenn Dörfer an anderer Stelle am Reißbrett neu entstehen, können soziale Strukturen nicht vollständig erhalten werden. Und auch die sog. „Rekultivierung“ von Tagebauen verschleiert die mit Tagebauen verbundene unwiderbringliche Zerstörung einzigartiger Landschaften und Ökosysteme. Auf rekultivierten Kunstböden ist Landwirtschaft nur eingeschränkt möglich. Die ursprüngliche, oft einzigartige Bodenfruchtbarkeit – wie die der 12.000 Jahre alten Parabraunerden der Niederrheinischen Bucht – wird nie wieder erreicht werden.
- Terminübersicht der Kampagne „Um jeden Meter kämpfen!“
- Ticker zu aktuellen Entwicklungen im Hambacher Forst
- Artikel zur Waldbesetzung aus der tageszeitung (taz)
- ROBIN WOOD: Hintergrundinformation zur Braunkohle (Tagebaue, Klimawandel, Energiekonzerne)
Braunkohleverstromung ist von vorgestern, aber es gibt aus meiner Sicht zwei Hauptgründe, die sie in Gang halten:
Da ist zum einen das Streben nach Unabhängigkeit von Energieimporten, welches sie gerade in der DDR ab den 70er Jahren zum Hauptenergieträger gemacht hat- mit katastrophalen Folgen.
Unabhängig von Oel-Einfuhren werden geht mit den Regenerierbaren inzwischen aber viel besser. Das gilt aber nicht für den Flugverkehr.
Zum Anderen ist da das Konversionsproblem, die Braunkohleförderregionen sind von den wegschmelzenden Gewinnmargen der Tagebaue wirtschaftlich abhängig geworden.
Da ist der Ausstieg eine politische Frage – und auch eine der „wir“tschaftlichen Unterstützung, und die Ausstiegs-Kampagnen sollten das Thema immer auch berücksichtigen.
Die Wiesenbesetzung in Hambach würde heute ohne die Unterstützung aus dem Nachbarort Buir wohl nicht mehr existieren.
Und das gegen grosse Widerstände, denn viele PolitikerInnen am Niederrhein sind mit RWE verbändelt.
Also auch den Menschen von der Bürgerinitiative „Buirer für Buir“ mal ein grosses Lob.